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Politiker-Dienstwagen Bundesministerien widersprechen Umwelthilfe-Berechnungen

Die EU fordert für Pkw einen CO2-Grenzwert von 130 Gramm je Kilometer - deutsche Minister scheren sich nicht um diese Vorgabe. Wer der größte Klimakiller ist, lässt sich allerdings kaum festellen - entsprechende Berechnungen der Deutschen Umwelthilfe sind mit Vorsicht zu genießen.

Hamburg - Viele Politiker-Dienstwagen stoßen rund doppelt so viel CO2 aus wie die Europäische Kommission künftig noch zulassen will. Kein Wunder: Die meisten Minister-Dickschiffe sind üppig motorisiert, werden erst bei Tempo 250 elektronisch abgeregelt und verbrauchen folglich viel Kraftstoff. Vom geplanten EU-Grenzwert (130 Gramm je Kilometer) sind diese Autos meilenweit entfernt.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat eine Liste deutscher Bundesminister, Landesumweltminister und Länderchefs zusammengestellt, um das wenig vorbildliche Verhalten der Politikerelite anzuprangern. Acht Wochen, so die Organisation, habe man dazu recherchiert.

"Nach eineinhalb Jahren intensiver Klimadebatten, nach Weltklimakonferenzen und zahlreichen Gesetzesinitiativen zur Eindämmung der Klimakiller ist die Dickfelligkeit vieler Politiker bei der Wahl ihres Dienstwagens erschreckend", erregt sich DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.

Annahmen statt nachprüfbarer Fakten?

Allerdings weist die von der DUH kompilierte Liste gravierende Mängel auf. So bezeichnete die Umweltorganisation Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am Donnerstag als schlimmste Klimasünderin. Auch SPIEGEL ONLINE berichtete unter der Überschrift "Ulla Schmidt fährt den größten Klimakiller", die Politikerin benutze als Dienstfahrzeug einen Mercedes S 500 mit 388 PS und einem CO2-Ausstoß von 286 Gramm je Kilometer.

Schmidts Sprecherin widerspricht dieser Behauptung. Die Ministerin fahre bereits "seit April 2007" einen S 420. Der bläst laut Hersteller zwar immer noch 247 bis 252 Gramm CO2 in die Atmosphäre - aber der etwas kleinere Motor kostet die Ministerin den Spitzenplatz in der Klimakillerliste, worüber sie vermutlich nicht unglücklich ist.

Die DUH erklärte auf Anfrage, man habe Schmidt zweimal schriftlich um Auskunft gebeten. Da die Ministerin nicht geantwortet habe, sei man von der Annahme ausgegangen, dass sie immer noch den gleichen Dienstwagen wie im Frühjahr 2007 fahre. Eine saubere Recherche sieht anders aus. Wie viele der in der Dienstwagenliste aufgeführten Informationen noch auf derartigen Annahmen basieren, blieb zunächst unklar.

Auch eine Sprecherin von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel bezeichnet die DUH-Angaben als nicht korrekt. Richtig sei zwar, dass der SPD-Politiker einen erdgasbetriebenen Mercedes E 200 NGT fahre - falsch sei jedoch der in der DUH-Liste angegebene CO2-Wert. "Im Erdgasbetrieb belaufen sich die Emissionen des Fahrzeugs auf 168 Gramm", erklärt Gabriels Sprecherin.

Der DUH zufolge erforderte die Recherche einen ungeheuren Aufwand. Zahlreiche Staatskanzleien und Ministerien hätten die Auskunft verweigert, obwohl die jeweiligen Umweltinformationsgesetze der Länder eine Veröffentlichung vorsähen. Meist sei dies mit dem Verweis auf Sicherheitsbedenken geschehen.

hil/jüp