Die Kopfpauschale hat viele Kritiker. Jetzt schaltet sich auch die Private

Die Kopfpauschale hat viele Kritiker. Jetzt schaltet sich auch die Private Krankenversicherung (PKV) in die Debatte um die Gesundheitsreform ein - und signalisiert Ablehnung.

Von Willi Reiners

Herr Henkel, warum sind Sie gegen die Einführung einer Kopfpauschale in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)?

Weil es die Geschäftsmöglichkeiten für die private Vollversicherung massiv beeinträchtigen würde, wenn die Kopfpauschale kommt.

Das müssen Sie erklären.

Eine Pauschale in Höhe von 150 oder 200 Euro pro Kopf ist nur möglich, wenn dem gesetzlichen System Steuermittel in zweistelliger Milliardenhöhe zufließen. Wir könnten solche Prämien niemals darstellen, da wir eine völlig andere Kalkulationsgrundlage haben und beispielsweise einen Kapitalstock ansparen müssen. Besonders schwierig würde es für uns, wenn die Familienkomponente der alten GKV erhalten bliebe, Kinder also weiter mitversichert würden, ohne dass für sie eine Pauschale erhoben wird. Man muss sehen: Die PKV ist ja keine Insel der Glückseligen. Auch uns plagen steigende Leistungsausgaben infolge der demografischen Entwicklung und des Medizinfortschritts. Schon die letzte Gesundheitsreform ist uns nicht gut bekommen. Mit der Kopfpauschale würde sich unsere Lage weiter verschlechtern.

Manchmal gehört das Jammern zum Geschäft. Nach der letzten Reform hat ihre Branche schon kräftig das Totenglöcklein geläutet. Aber die PKV scheint quicklebendig.

Es gibt uns immer noch, und das ist auch gut so. Trotzdem leiden wir unter der jüngsten Reform. Wir sind zum Beispiel heute verpflichtet, Menschen zu versichern, die keinen Cent für ihren Schutz zahlen. Die Außenstände durch diese Nichtzahler gehen auch zulasten derer, die regelmäßig ihre Prämien aufbringen. Das ist unzumutbar.

Die schwarz-gelbe Koalition plant eine verpflichtende private Pflegezusatzversicherung. Damit winkt Ihnen ein Riesengeschäft, oder?

Ja, aber nur unter der Voraussetzung, dass diese Zusatzversicherung auch privat organisiert wird. Es soll gesetzliche Kassen geben, die gern in dieses Geschäft einsteigen würden. Ich kann allerdings nur davor warnen, den Ansparprozess für eine kapitalgedeckte zusätzliche Vorsorgung in einem halbstaatlichen System vorzunehmen.

Warum?

Weil der Staat das Geld im Zweifelsfall für andere Dinge ausgeben könnte.

Es spricht aber mehr dafür, das Zusatzgeschäft den privaten Krankenversicherungen zu überlassen - so wie man sich auch bei der Riesterrente für eine privatwirtschaftliche Lösung entschieden hat.

Das wäre dann in der Tat eine spannende Perspektive für das Geschäftsmodell und -volumen der privaten Krankenversicherer. Wenn sie von heute auf morgen 80 Millionen Menschen versichern sollen, ist das eine große Herausforderung. Aber wir sind flexibel genug, das zu stemmen. Die private Ergänzungsversicherung in Sachen Pflege war in den letzten drei Jahren der absolute Verkaufsschlager bei uns. Insofern sind wir hervorragend aufgestellt. Wir wissen einfach, wie es geht, so etwas auf Basis einer Kapitaldeckung aufzuziehen.

Was wird man dafür zahlen müssen?

Das kommt darauf an. Eine freiwillige private Zusatzversicherung muss natürlich anders kalkuliert werden, als wenn Sie ganz Deutschland obligatorisch versichern. Eine obligatorische Versicherung kann wesentlich günstiger ausfallen, weil Sie andere Ausgleichsmöglichkeiten haben. Letztlich hängt es davon ab, wie stark man die demografische Entwicklung einpreist. Man muss also fragen: Wie viele Pflegefälle werden wir in 30 Jahren haben? Welche Leistungsinhalte soll die Zusatzversicherung abdecken? Welche Leistungen gibt es für Demenzkranke? Wie ist das Verhältnis von häuslicher und stationärer Pflege? Erstattet man konkrete Kosten, oder zahlt man Pauschalen je nach Pflegestufe? All dies muss in eine Kalkulation einfließen.

Und was kostet das dann?

Ich könnte mir vorstellen, dass es auf eine Einheitsprämie von etwa 20 Euro für alle Altersklassen und Geschlechter hinausläuft, wobei das im Augenblick ein reiner Schätzwert ist. Es kommt darauf an, was die Politik eigentlich will. Sie muss die Leistungsinhalte benennen und sich für eine seriös kalkulierte Kapitaldeckung entscheiden. Dann können wir das verlässlich rechnen.