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Politik (Print DW)

Ärzte empört über Gesundheitsminister

FDP-Politiker Rösler will frei werdende Praxen aufkaufen lassen - Medizinerverbände: Kein liberaler Ansatz

Berlin - Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) bekommt erstmals Gegenwind von Ärzten. Der Medizinerverband Hartmannbund wirft ihm vor, eine "Quasi-Enteignung niedergelassener Ärzte" zu planen. Der NAV Virchow-Bund warnte ihn vor "Dirigismus". Gleichzeitig berichtet ein Internetforum für Ärzte von einer - nicht repräsentativen - Umfrage unter Medizinern. Der Tenor: Große Enttäuschung über Rösler; mehr als die Hälfte der Teilnehmer würde nicht wieder FDP wählen.

Anlass für die ungewohnt scharfe Kritik sind Röslers Überlegungen, frei werdende Arztpraxen nicht wieder zu besetzen, wenn es in der Umgebung besonders viele Ärzte gibt und die Gegend als überversorgt gilt. Unterstützung bekommt er in dieser Frage von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV). Deren Chef Andreas Köhler nahm den Minister ausdrücklich in Schutz.

Konflikte zwischen Ärzten und dem jeweiligen Bundesgesundheitsminister haben Tradition. Neun Jahre lang rieben sich die Standesvertreter an der "Staatsmedizin" der Sozialdemokratin Ulla Schmidt, nun richtet sich der Unmut erstmals gegen die FDP, von der die Ärzte einen Politikwechsel erhoffen. Die Erwartungen an Rösler sind im Gesundheitssektor sehr groß, weil er selbst Arzt ist. Doch mit seinem Arzneimittelsparpaket hat Rösler bereits die Pharmaindustrie spürbar verärgert.

Im Zusammenhang mit der Diskussion über den Ärztemangel auf dem Land sagte Rösler nun der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung", man könne Ärzte nicht einfach aus der Stadt aufs Land schicken. In überversorgten Gebieten könnten frei werdende Praxen aber nicht wieder besetzt werden. Eine Entschädigung für Ärzte, die ihre Praxis nicht verkaufen können, werde in den kassenärztlichen Vereinigungen diskutiert. KBV-Chef Köhler präzisierte dies mit dem Hinweis, dass Ärzte in überversorgten Regionen ihre Praxis oft nicht zum erhofften Preis verkaufen könnten. "In diesen Fällen könnte eine KV die Praxis aufkaufen - zum Vorteil des Arztes", sagte Köhler. Dabei gehe es nicht um Enteignung, kein Arzt müsse um seine Altersvorsorge fürchten. In unterversorgten Gebieten sollten kassenärztliche Vereinigungen selbst Praxen gründen können. Dafür seien aber Gesetzesänderungen nötig.

Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Kuno Winn, sagte zu Röslers Plänen: "Wer als FDP-Politiker eine Quasi-Enteignung niedergelassener Ärzte in Betracht zieht, muss sich fragen lassen, ob das mit liberalen Ideen noch vereinbar ist." Wer Ärzten das Recht nehme, ihre Praxis an einen Nachfolger weiterzugeben, gerate in Konflikt mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes. Der Vorsitzende des NAV Virchow-Bundes, Klaus Bogner, sprach von dirigistischen Eingriffen und sagte, Rösler "erweist sich mit den Vorschlägen als Liberaler keinen Gefallen". Im Rahmen einer neuen Bedarfsplanung für Ärzte könne man zwar über den Aufkauf von Arztsitzen nachdenken, das Verfahren werde aber kompliziert. Zudem sei fraglich, ob der Ärztemangel so beseitigt werde.

Dem Forum Hippokranet zufolge sind 87 Prozent der Ärzte mit der Arbeit der FDP im Gesundheitsministerium unzufrieden. 62 Prozent wollen nicht wieder FDP wählen, obwohl 83 Prozent der 1500 Umfrageteilnehmer dies bei der Bundestagswahl taten. Das Ergebnis ist nicht repräsentativ, denn auf dem Forum Facharzt.de, das Hippokranet betreibt, äußern sich vor allem unzufriedene Mediziner.

Röslers Umfeld kommentierte die Kritik mit dem Hinweis, neun Jahre SPD-Politik zu verändern sei eine "Herkulesaufgabe". Man werde den Ärzten an anderer Stelle entgegenkommen und beispielsweise die Honorarreform nachbessern.

Seite 10: Weiterer Bericht

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