Zum Inhalt springen

Überschuldete Krankenkasse City BKK steht vor der Schließung

Es wäre die erste gesetzliche Krankenkasse, die nach Einführung des Gesundheitsfonds schließen muss: Nach SPIEGEL-Informationen sind sich Bundesversicherungsamt und -gesundheitsministerium einig, die City BKK zu schließen. Die Kasse hat 2009 und 2010 rund 50 Millionen Euro Schulden angehäuft.
Krankenkassen-Chipkarten: Steht die erste BKK vor der Schließung?

Krankenkassen-Chipkarten: Steht die erste BKK vor der Schließung?

Foto: DDP

Hamburg/Berlin - Der Geschäftsführer des BKK Bundesverbands, Heinz Kaltenbach, der Präsident des Bundesversicherungsamts (BVA), Maximilian Gassner, der Abteilungsleiter des Bundesgesundheitsministeriums (BMG), Ulrich Orlowski, und der Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz trafen sich nach SPIEGEL-Informationen am 1. Juni, um über das Schicksal der City BKK zu beraten. Anschließend verfasste Kaltenbach eine E-Mail, in der er über das Ergebnis des Treffens berichtete. Darin heißt es: "Dr. Gassner (BVA) drängt in Abstimmung mit Herrn Orlowski (BMG) auf eine Schließung der City BKK zum 1.9.2010. Die Schadensminimierungspflicht lässt keine großen Spielräume zu. Das Amt wird diese Kassenschließung kompromisslos durchziehen."

BVA und BMG bestätigten lediglich, dass es am 1. Juni ein "internes Gespräch über die Finanzsituation der City BKK" gegeben habe. Der Vorstandschef der City BKK, Herbert Schulz, wurde nach Informationen des SPIEGEL bereits gefragt, zu welchem Preis er bereit wäre, zurückzutreten.

Der Vorstandsvorsitzende des BKK-Landesverbands Baden-Württemberg, Konrad Ehing, rechnet bei einer Schließung der City BKK mit Kosten von 150 Millionen Euro, die dann innerhalb des BKK-Systems umgelegt werden müssen. Auf große BKKs wie die BKK Gesundheit oder die Deutsche BKK kämen jeweils Kosten von mehr als 15 Millionen Euro zu, die aus den laufenden Einnahmen bestritten werden müssen.

Ehing fürchtet deshalb, dass von der Schließung der City BKK ein Dominoeffekt für andere Krankenkassen ausgehen könne. Am Donnerstag der kommenden Woche treffen sich Vertreter des BKK-Systems erneut, um über einen letzten Rettungsversuch für die City BKK zu verhandeln. Dazu müssten die BKKs mindestens 50 Millionen Euro freiwillig zur Verfügung stellen, wie Ehing einräumt.

Rösler appelliert an CSU im Streit um Kopfpauschale

Philipp Rösler

Im Koalitionsstreit um die Gesundheitsreform hat Bundesgesundheitsminister (FDP) die CSU zum Einlenken aufgerufen. "Wenn die CSU bei ihrer Haltung bleibt, führt das zwangsläufig dazu, dass die Versicherten stärker belastet werden und zwar ohne einen echten sozialen Ausgleich, wie ich ihn vorgesehen habe", sagte Rösler dem "Hamburger Abendblatt". In seinem ursprünglichen Konzept sei das Milliardendefizit der Kassen "fair und gerecht aufgeteilt: auf Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Steuerzahler". "Das hat die CSU abgelehnt, weil sie die Arbeitgeber einseitig schonen wollte", sagte der FDP-Politiker.

Rösler mahnte zur Eile. "Wir brauchen sehr schnell eine pragmatische Lösung", sagte er. "Wenn man Dinge ablehnt, gehört es zum guten Stil, dass man selbst Vorschläge macht." Es gehe nicht, "dass die CSU jegliche Alternativen schuldig bleibt". Einsparungen seien schnell gefordert. Sie träfen allerdings "immer Menschen Versicherte, Patienten, Beschäftigte", gab Rösler zu bedenken.

Die CSU lehnt die von Rösler vorgeschlagene zusätzliche Kopfpauschale von durchschnittlich 30 Euro pro Monat für die 50 Millionen Kassenmitglieder strikt ab. Sie erwartet von Rösler vor allem Einsparvorschläge, etwa im Pharmabereich. Ende kommender Woche wollen CDU, CSU und FDP bei einer zweitägigen Klausur in Berlin nach einer Lösung suchen.

Unionsfraktionsvize Singhammer gegen Praxisgebühr-Ausnahmen

Johannes Singhammer

Unterdessen fordert Unionsfraktionsvize (CSU) ein Verbot für Krankenkassen, ihren Versicherten die Praxisgebühr zu erlassen. Der "Frankfurter Rundschau" sagte er mit Blick auf das Milliardendefizit im Gesundheitswesen: "Die Praxisgebühr muss wieder die Regel werden und darf nicht die Ausnahme sein." Die Ausnahmen von der Praxisgebühr, "zum Beispiel über Hausarztverträge der Krankenkassen, haben überhand genommen", beklagte der Gesundheitsexperte. Dadurch hätten sie ihre ursprüngliche Lenkungsfunktion verloren. In der Koalition ist vereinbart, im Gesundheitswesen rund vier Milliarden Euro einzusparen.

Singhammer sprach sich zudem dafür aus, auch bei Ärzten und Krankenhäusern zu sparen, um das erwartete Defizit in Höhe von bis zu elf Milliarden Euro in den Griff zu bekommen "Es ist doch völlig klar, dass die Ausgaben für die Arzthonorare und die Krankenhäuser nicht weiter so steigen können wie in den vergangenen drei Jahren", sagte Singhammer. Er rede ausdrücklich nicht von einer Nullrunde. "Aber wir müssen den Zuwachs deutlich dämpfen", forderte er.

flo/ddp