Die Regierung will die Finanzierung des Gesundheitswesens auf eine neue Basis stellen und den Steueranteil nach dem Vorbild der nordischen Länder erhöhen. Allerdings verlangen diverse Koalitionspolitiker, dass vorher alle Effizienzreserven mobilisiert werden. Recht haben sie. Es wäre nämlich viel zu erreichen, wenn sich die Gesundheitsreformer dem Verhältnis zwischen Ärzten, Kassen und Patienten zuwenden würden. Das Thema Leistungs- und Kostentransparenz ist in Deutschland fast noch ein Fremdwort. Ein Sparschwein steht auf der Theke der Praxis eines Orthopäden in Gelsenkirchen BILD

Intransparenz und Ineffizienz sind zwei Seiten einer Medaille. Deutschland liegt zum einen bei der Qualität der erbrachten Leistungen nur im Mittelfeld. Während es in der Tabelle der Länder mit den teuersten Gesundheitssystemen weltweit die dritte Stelle einnimmt, rangiert es bei Zufriedenheit und Effizienz laut der Weltgesundheitsorganisation WHO nur dem 25. Platz.

Zum anderen, und das ist für die aktuelle Reformdebatte entscheidend, führt mangelnde Transparenz zu Kosten, welche die bestehende Finanzlücke bei weitem übersteigen. Jährlich fließen in Deutschland etwa zehn Prozent des Bruttosozialproduktes in das öffentliche Gesundheitswesen. Amerikanische und britische Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass drei bis zehn Prozent der Ausgaben im Gesundheitssektor durch Betrug, Missbrauch und Korruption verschleudert werden. Auf Deutschland übertragen bedeutet dies: Das Gesundheitswesen verliert so jährlich sechs bis 20 Milliarden Euro.

Demgegenüber beträgt die Finanzlücke hierzulande bis zum Jahr 2009 voraussichtlich rund 17 Milliarden Euro mit der Folge, dass in diesem Jahr bereits 50 Kassen ihre Beitragssätze erhöht haben und weitere Erhöhungen absehbar sind.

Anstatt Möglichkeiten des Sparens im System ernsthaft zu prüfen, diskutiert die Große Koalition mit dem »Gesundheitsfonds« weitere Beitrags- oder Steuererhöhungen und eine stärkere Einbeziehung der privaten Krankenversicherer. Doch wie lässt sich die Kostenentwicklung wirksam und auf Dauer bewältigen?

Mehr Transparenz ist zwar nicht das einzige Mittel, aber ein entscheidendes. Eine wichtige Ursache für den Mangel an Durchsichtigkeit liegt in der unzureichenden Information und Selbstbeteiligung der Patienten. Der Versicherte erfährt die Kosten seiner Behandlung nicht. Jeder Arztbesuch stellt sich trotz Praxisgebühr für ihn quasi als »kostenlos« dar.

Einer aktuellen forsa-Umfrage zufolge, vom Berliner Think Tank berlinpolis in Auftrag gegeben, befürworten die Patienten eine regelmäßige Übersendung ihrer Arztrechnung. Verlangt haben bisher allerdings die wenigsten eine solche von ihrem Arzt (13 Prozent), obwohl sie nach geltender Rechtslage einen Anspruch darauf haben. So verwundert es nicht, dass die Aufklärungsquote bei Betrugsfällen derart niedrig ist. Eine zusätzliche Befragung von Staatsanwälten ergab, dass für zwei Drittel der Fallkategorien die Quote bei unter 20 Prozent liegt – für die Strafverfolgungsbehörden eine unverhältnismäßig niedrige Zahl.