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Neue Studie

Höhere Psychose-Rate bei täglichem Cannabis-Konsum

Forscher haben einen Zusammenhang mit dem täglichen Konsum von Cannabis, insbesondere mit hohen THC-Gehalten, und einer erhöhten Psychose-Rate festgestellt. In Amsterdam war jede zweite neu diagnostizierte Psychose entsprechend assoziiert.
Daniela Hüttemann
20.03.2019  17:00 Uhr

Der tägliche Konsum von Cannabis steht in einem deutlichen Zusammenhang mit dem Risiko, eine Psychose zu entwickeln. Das gilt insbesondere dann, wenn die Droge viel Δ9-Tetrahydrocannabinol (THC) enthält. Das belegt eine Fall-Kontroll-Studie aus elf Regionen in England, Frankreich, den Niederlanden, Frankreich, Italien, Spanien und Brasilien, die heute im Fachjournal »The Lancet Psychiatry« veröffentlicht wurde. In Städten, in denen Cannabis mit hohem THC-Gehalt relativ gut erhältlich ist, wie Amsterdam und London, habe ein signifikanter Anteil der Neudiagnosen von Psychosen mit dem täglichen Gebrauch von hoch potentem Cannabis in Verbindung gestanden, schreiben die Forscher um Dr. Marta Di Forti vom King's College in London. In London hatten drei von zehn Psychotikern täglich Cannabis konsumiert, in Amsterdam war es sogar jeder zweite.

»Unsere Ergebnisse stimmen mit denen vorheriger Studien überein, wonach der Gebrauch von Cannabis mit THC-Konzentrationen über 10 Prozent mehr schädliche Effekte auf die geistige Gesunheit hat als der Gebrauch schwächerer Sorten«, so Di Forti. Zum ersten Mal habe ihr Team nun auch zeigen können, wie Cannabiskonsum die Inzidenz psychiatrischer Erkrankungen auf Bevölkerungsebene beeinflusse.

Dafür untersuchten die Wissenschaftler, wie viele Erstfälle von Psychosen überhaupt zwischen 2010 und 2015 aufgetreten waren. Anschließend verglichen sie die Anamnese von 901 Patienten mit den Risikofaktoren von 1.237 Kontrollpersonen. Demnach berichtete fast jeder dritte Patient mit Neudiagnose Psychose (29,5 Prozent), täglich Cannabis zu konsumieren, im Vergleich zu 6,8 Prozent in der Vergleichsgruppe. 37,1 Prozent der Psychose-Patienten hatten schon einmal Cannabis mit hohem THC-Gehalt genommen, im Vergleich zu 19,4 Prozent der Vergleichsgruppe.

Die Forscher errechneten, dass tägliche Cannabis-Nutzer ein dreifach erhöhtes Risiko für eine erstmalige psychotische Episode hatten im Vergleich zu Personen, die noch nie Cannabis probiert hatten. Bei täglichem Konsum von hochpotentem Cannabis war das Risiko sogar um das Fünffache erhöht. Die Wissenschaftler schätzen, dass im Schnitt jeder fünfte Psychose-Fall an den Studienorten mit täglichem Cannabis-Konsum assoziiert war.

In Amsterdam seien Cannabissorten mit einem THC-Gehalt von bis zu 67 Prozent verfügbar. Wäre nur noch niedrig konzentriertes Cannabis mit einem Gehalt unter 10 Prozent verfügbar, könnte die Psychose-Inzidenz in Amsterdam von derzeit 37,9 Fällen pro 100.000 Personenjahre auf 18,8 sinken, so die Autoren. In London, wo die am häufigste auf der Straße verkaufte Sorte im Schnitt 14 Prozent THC enthalte, könnte die Rate von derzeit 45,7 auf 31,9 pro 100.000 Personenjahre sinken.

Die negativen Effekte des täglichen Cannabis-Konsums müssten stärker berücksichtigt werden, fordern die Forscher angesichts des legalen Status in einigen Ländern sowie des medizinischen Gebrauchs in einer Pressemitteilung. In einem begleitenden Kommentar weist Dr. Suzanne H. Gage von der Universität Liverpool jedoch darauf hin, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Cannabis und Psychosen immer noch nicht zweifelsfrei nachgewiesen wurde. Möglicherweise greifen mehr Menschen mit Neigung zu Psychosen zum Joint. Nichtsdestotrotz wertet sie die neue Studie als Evidenz, dass bestimmte Individuen ein erhöhtes Psychoserisiko durch den täglichen Konsum hochkonzentrierter Cannabissorten haben.

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