Was sind Plazeboeffekte? Oder: Der Glaube versetzt Berge....
In klinischen Studien wird getestet, ob Behandlungen (Medikamente) einen spezifischen Zweck erfüllen. Um unspezifische Effekte herauszurechnen, vergleicht man ihre Wirkung mit der von Plazebo ("unwirksamen" Stoffen oder Behandlungen) und/oder mit der eines älteren Medikaments/einer anderen Behandlung. Oft stellt sich heraus, daß auch Plazebo eine positive Wirkung hat, und daß die Wirkung der untersuchten Behandlung nur geringfügig oder gar nicht besser scheint (eigentlich müßte man Behandlung und Plazebobehandlung noch mit einer unbehandelten Kontrollgruppe vergleichen, aber dieses Vorgehen verbietet sich in vielen Fällen aus ethischen Gründen).
Freitag, 23. Januar 2004
Alles Placebo oder was?
Donnerstag, 22. Januar 2004
Dr. med. Bürokrat
Die ZEIT hat einen satirischen Beitrag zur "Kassengebühr" veröffentlicht (Hoffritz J: Dr. med. Bürokrat. Zeit 50: 25; 4.12.2003). Dazu einige Anmerkungen.
Natürlich müssten sich über diese Gebühr die Patienten ereifern. Die meisten wissen nur noch nicht konkret, was ihnen blüht. Aber " was nicht ist, das wird noch. Meine Kundschaft jedenfalls hat sich schon mehrfach spontan (ich habe sie wirklich nicht dazu gezwungen!) abfällig über diesen "Schwachsinn" ausgelassen, und es ist nur noch eine Frage der Zeit", bis die ersten bei ihrer kranken Kasse vorstellig werden. (Aber erst, nachdem mich die Kriseninterventionen wg. Kassengebühr zwei Stunden pro Woche von meiner eigentlichen Arbeit abgehalten haben werden).
Meine höchstpersönliche Aufregung hat tatsächlich Ursachen: Papierkrieg und Bürokratie. Ich bin nämlich Mediziner, kein Bürokrat. Meine Patienten (oder muß ich sie künftig Leistungsbeansprucher nennen") sind auch keine Bürokraten, obwohl nur wenige Mediziner darunter sind).
Ich gebe es zu: auch ich hätte das Risiko gern den Kassen aufgebrummt. Ich müsste ja bescheuert sein, wenn ich mir freiwillig das Risiko für einen Krankenkassenzusatzbeitrag aufgehalst hätte! Das haben dann andere für mich erledigt! Mich hat keiner gefragt - behaupten Sie also nie wieder: "Die Ärzte" haben es so gewollt!".
"Nach dem derzeitigen Abrechnungsverfahren wissen Deutschlands Krankenversicherer gar nicht, wer von ihren Mitgliedern wann und wie oft zum Arzt geht." Da ist was dran. Ehrlich. Andererseits: ich weiß auch nicht, wie viel mir letztlich für meine Arbeit bezahlt wird. Das hängt vom Zufall ab (anders ausgedrückt: vom Honorarverteilungsmaßstab). Letztens habe ich 100% gearbeitet (ehrlich!), aber nur 78% bezahlt gekriegt (auch nicht gelogen).
So. "Wir werden sicherstellen, dass Notfallpatienten behandelt werden, ob sie nun Geld bei sich haben oder nicht", sagt Schlichter Nicolay." Interessant. Ich wusste gar nicht, dass pluralis majestatis Schlichter über die nötigen Ressourcen verfügen, Notfallleistungsbeansprucher zu behandeln. Ich dachte immer, das machen die Ärzte". Egal. Er wird ein Konzept und die Zulassung dafür haben. Anderenfalls müsste man ihn als Dummschwätzer bezeichnen. Das will er doch nicht, oder" Dann mal her mit seinem Konzept!
"Beobachter gehen davon aus, dass die Doktoren von den zehn Euro maximal 50 Cent als Prämie fürs Inkassorisiko behalten dürfen." Dürfen! Danke! Danke!! Danke!!! Offensichtlich ein, von ausgefuchsten Beobachtern, betriebswirtschaflich messerscharf kalkulierter Wert. Ein durchlaufender Posten, Inkasso für Dritte, ohne juristisch unanfechtbare Berechtigung, die Forderung auch tatsächlich einzutreiben, für 50 Cent "Prämie". Super! Ich werde mit meiner Bank neue Konditionen aushandeln! Von wegen Vor-Ort-Installation 50 €, 20 € Monatsmiete, 5 ct pro Transaktion! Plus Telefongebühren. Die Telekom muß es mir auch billiger machen...
"Die Praxisbesitzer wären besser dran als Apotheken oder Krankenhäuser." Mit Apotheken kenne ich mich nicht aus. Die sind arm dran. Aber Krankenhäuser? Für die ziehen die kranken Kassen die Kohle nach der ersten Erinnerung ein. Für mich aber nicht. Damit bin ich dann besser dran. Bestechend logisch.
"Auch bei den Ärzten sah es zwischendurch so aus, als hätten sie gar nichts gegen das Inkasso einzuwenden " das ihnen immerhin Liquidität bringt. Im Sommer schlug die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) sogar vor, bei der Abrechnung auf Kostenerstattung umzusteigen. Ulla Schmidt lehnte das ab."
Das sind jetzt aber ganz verschiedene Schuhe. Erstens: "Die Ärzte" sind eine Popgruppe. Die haben nichts damit zu tun. Ich erwähnte es bereits. Zweitens: das Argument des Liquiditätsvorteils relativiert sich, wenn gleichzeitig die Zahlungen der Kassenärztlichen Vereinigung (die Betonung liegt hier auf Kassen!) rasenmäherartig gekürzt werden. Drittens: die Kassenärztliche Bundesvereinigung mit "die Ärzte"", und Kostenerstattung mit Kassengebühr, gleich zu setzen, entspricht in etwa der Feststellung, dass die Qualität der journalistischen Arbeit bei der Zeit" mit der des Neuen Deutschland gleich zu setzen sei. Letztens: Ullallallalla Schmidt wußte sehr wohl, warum es die generelle Kostenerstattung ablehnte: dann wäre nämlich jeder klar geworden, dass 100% Arbeit, aber nur 50% Bezahlung erfolgt (den Rest hätte dann jede aus eigener Tasche bezahlen dürfen).
"Wer große Rechnungen schreiben will, darf sich nicht über den bürokratischen Aufwand einer kleinen Gebühr aufregen." Wollen will ich auch. Sie nicht, schon klar. So lange das normierte, durchschnittlich budgetierte Kontingent pro Nase und Vierteljahr rund 30 Minuten und enorme 50 Euro beträgt, reden wir gar nicht mehr über "große Rechnungen", ok? Das stinkt.
Der Funktionärskollege in der Ärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, trifft die Stimmung an der Basis besser. "Eine Registrierkasse am Praxiseingang - völlig absurd". Richtig. Funktionärskollege. Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie es mit Funktionärskollegen zu tun haben? Nicht mit Gesundheitsarbeitern in der Basisversorgung. Die haben Besseres zu tun, als witzige Statements in der Öffentlichkeit abzulassen.
"Im Gesundheitsministerium wird gewitzelt." Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu.
"Fachärzte blicken herab auf die einfachen Hausärzte." Spricht für eine fundierte Recherche an der Basis. Gut beobachtet. Ich sag" Ihnen was: die an der Basisversorgung beteiligten Haus- und Fachärzte kooperieren erstaunlich gut miteinander. Wo es hakt, da sitzen Funktionäre.
"Jetzt müssen die hoch bezahlten Spezialisten damit rechnen, dass Versicherte mit Wehwehchen zuerst den Allgemeinmediziner ansteuern und diese nur die wirklich Schwerkranken weiterreichen. Ein schwerer Schlag." Hoch bezahlt. Für eine hoch spezialisierte Leistung (Psychotherapie) wurden zuletzt 6 (in Worten: sechs) Euro Umsatz gelöhnt. Das nenne ich einen schweren Schlag.
"Allerdings werden Allgemeinmediziner von Januar kommenden Jahres an auch anderweitig genug zu tun haben." Sehe ich genau so. 2500 Leistungsbeansprucher stehen am 2. Januar auf der Matte und wollen Überweisungen. Viel Spaß dabei! Obwohl: die eine oder andere hat gar keinen Hausarzt. Und will auch keinen.
"Während andere noch protestieren, hat der Verbandschef auch längst mit der Postbank günstige Konditionen fürs Gebühren-Inkasso ausgehandelt. Seit Montag werden in den Hausarztpraxen EC-Kartenleser montiert." Brav. Kostet bestimmt nix. Oder nur 50 ct.
(Sie müssen meinen Beitrag nicht bei den Leserbriefen veröffentlichen. Sie dürfen ihn auch im redaktionellen Teil weglassen. Ich schenke es Ihnen, damit Sie nicht behaupten, es ginge mir nur um Geld. Und eine Eingangsbestätigung brauche ich auch nicht, sechs Wochen später. Vielen Dank!)
Notiz: 7.12.2003 an die zeit geschickt. Mal sehen, was daraus wird...
Die Originalsatire.
Mittwoch, 21. Januar 2004
Kein Anspruch auf angemessene Bezahlung
Nach einer Sozialgerichtsentscheidung haben Ärzte zwar ein grundsätzliches, aber kein individuelles Recht auf angemessene Bezahlung.
Solange keine Versorgungsengpässe bestehen, dürfen einzelne Ärzte unterbezahlt werden. Besonders betroffen sind Ärzte in der Basisversorgung, die dabei keinen ausreichenden Gewinn mehr erzielen können.
Ärztezeitung, 27.11.2003
Elektrokrampftherapie in der Zeitung
Im Rahmen eines Projektes zu Psychiatrie, Medien und der öffentlichen Meinung haben die Autorinnen und der Autor Artikel über Elektrokrampftherapie und Defibrillation in der Zeitung einer detaillierten Analyse unterzogen. Den theoretischen Hintergrund bilden die sozialen Repräsentationen als Konzept zur Untersuchung des Inhalts von Medien, hier speziell unter dem Aspekt der Einflußnahme der Printmedien auf die Vorstellungen der Bevölkerung über die psychiatrische Behandlung.
Mit Hilfe ganzer Zeitungsjahrgänge, die auf CD-ROM vorliegen, stellte sich schnell heraus, daß in den Jahrgängen 1994 und 1995 der FAZ, der NZZ, des Spiegel und der taz nur einzelne Artikel vorliegen, die speziell über die Elektrokrampftherapie informieren.
Selbst in den Zeitungen, die sich generell einer sachlichen Sprache befleißigen, ändert sich bei der EKT der Sprachstil. Sachliche Informationen fehlen oder werden tendenziös berichtet. Gegenüber den Darstellungen der Defibrillation wird die Behandlungsmethode EKT nicht prinzipiell akzeptiert. Schreckensbilder aus der Geschichte der Psychiatrie werden dargestellt, Alltagsvergleiche gegenüber technischen Erklärungen bei der Defibrillation herangezogen. Die Wortwahl ist tendenziös und der Umgang mit dem Thema offensichtlich diskriminativ.
Quelle:
Der Nervenarzt
Abstract Volume 69 Issue 7 (1998) pp 622-628
Die Elektrokrampftherapie und die Defibrillation in der Zeitung. Eine Medienanalyse.
Ulrike Hoffmann-Richter, B. Alder, A. Finzen
Elektrokrampftherapie in der Zeitung
Im Rahmen eines Projektes zu Psychiatrie, Medien und der öffentlichen Meinung haben die Autorinnen und der Autor Artikel über Elektrokrampftherapie und Defibrillation in der Zeitung einer detaillierten Analyse unterzogen. Den theoretischen Hintergrund bilden die sozialen Repräsentationen als Konzept zur Untersuchung des Inhalts von Medien, hier speziell unter dem Aspekt der Einflußnahme der Printmedien auf die Vorstellungen der Bevölkerung über die psychiatrische Behandlung. Mit Hilfe ganzer Zeitungsjahrgänge, die auf CD-ROM vorliegen, stellte sich schnell heraus, daß in den Jahrgängen 1994 und 1995 der FAZ, der NZZ, des Spiegel und der taz nur einzelne Artikel vorliegen, die speziell über die Elektrokrampftherapie informieren. Selbst in den Zeitungen, die sich generell einer sachlichen Sprache befleißigen, ändert sich bei der EKT der Sprachstil. Sachliche Informationen fehlen oder werden tendenziös berichtet. Gegenüber den Darstellungen der Defibrillation wird die Behandlungsmethode EKT nicht prinzipiell akzeptiert. Schreckensbilder aus der Geschichte der Psychiatrie werden dargestellt, Alltagsvergleiche gegenüber technischen Erklärungen bei der Defibrillation herangezogen. Die Wortwahl ist tendenziös und der Umgang mit dem Thema offensichtlich diskriminativ.
Quelle:
Der Nervenarzt
Abstract Volume 69 Issue 7 (1998) pp 622-628
Die Elektrokrampftherapie und die Defibrillation in der Zeitung. Eine Medienanalyse.
Ulrike Hoffmann-Richter, B. Alder, A. Finzen
Einsatz der Elektrokrampftherapie in der Psychiatrie
Die Elektrokrampftherapie (Elektrokonvulsionstherapie, EKT) hat antidepressive und antipsychotische Wirkungen. Seit den ersten Behandlungen (Italien, 1938) ist der Wirkmechanismus ungeklärt geblieben.
Die Durchführung wurde in vielerlei Hinsicht modifiziert. Die EKT, bei der durch elektrische Stimulation des Gehirns ein generalisierter epileptischer Anfall ausgelöst wird, erfolgt unter intravenöser Kurznarkose und Muskelrelaxation. Nach sorgfältigen Voruntersuchungen und der Berücksichtigung anästhesiologischer oder internistischer Gegenanzeigen gilt die EKT als sehr sichere Behandlungsform. Persistierende Gedächtnisdefizite wurden nach der früher üblichen bilateralen Applikation von Sinuswellenstrom kasuistisch beschrieben.
Durch die Verwendung von Kurzimpulsstrom, die unilaterale Elektrodenplatzierung und die individuelle Dosierung der Ladung (Voraussetzung: EEG-Monitoring) treten Gedächtnisstörungen nach EKT heutzutage seltener auf, und sie remittieren meist komplett innerhalb von 4 bis 8 Wochen.
Zur Zeit kommt die EKT insbesondere bei PatientInnen mit therapieresistenten, schwergradigen affektiven oder schizophrenen Störungen zum Einsatz. Die perniziöse Katatonie und das maligne neuroleptische Syndrom stellen eine Notfallindikation dar. Für eine suffiziente EKT ist eine Serie von 6 bis 12 Einzelbehandlungen (jeden 2.-3. Tag) notwendig. Die Responserate bei therapieresistenten Depressionen - zu dieser Indikation gibt es die meisten Daten - ist 50 bis 60%. Dies wird durch eine deskriptive Auswertung aller EKT-Behandlungen an der Psychiatrischen Abteilung der Universitätsklinik Wien, 1994 bis 2000, bestätigt. Ein Bedarf besteht an kontrollierten Studien zur Erhaltungstherapie nach EKT-Serien.
Quelle:
Der Nervenarzt
Abstract Volume 72 Issue 9 (2001) pp 661-676
Einsatz der Elektrokrampftherapie in der Psychiatrie
R. Frey, D. Schreinzer, A. Heiden, S. Kasper
Genehmigungspflicht von Elektrokrampftherapie
Eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigungspflicht im
Rahmen des Betreuungsgesetzes ist nach Meinung der Autoren zu verneinen.
Zusammenfassung: Besteht bei einwilligungsunfähigen Patienten die Indikation zur Durchführung einer Elektrokrampftherapie (EKT), ist die Genehmigung des Betreuers zur Durchführung der Heilbehandlung erforderlich. Unklar ist, ob aufgrund von eventuellen Nebenwirkungen zusätzlich eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigungspflicht im Sinne des § 1904 BGB anzunehmen ist. Das Landgericht Hamburg war unter Verweis auf das Risiko persistierender retrograder Amnesien von der begründeten Gefahr eines länger dauernden gesundheitlichen Schadens ausgegangen und hatte die Genehmigungspflicht bejaht. Die Elektrokrampftherapie ist jedoch unter Beachtung der Kontraindikationen eine sichere und effektive Therapiemaßnahme zur Behandlung von Depressionen und schizophrenen Psychosen. Die Anwendung der unilateralen Kurzpulsstimulation reduziert die Häufigkeit und Ausprägung der kognitiven Nebenwirkungen. Insbesondere retrograde Amnesien treten nur sehr selten und in einer Ausprägung auf, die angesichts der Gefährdungen durch die Grunderkrankung zu vernachlässigen ist. Eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigungspflicht im Rahmen des Betreuungsgesetzes ist nach Meinung der Autoren zu verneinen.
Quelle:
Zur Frage der Genehmigungspflicht von Elektrokrampftherapie im Rahmen einer Betreuung (§1904 BGB)
Der Nervenarzt
Abstract Volume 70 Issue 7 (1999) pp 657-661
A. Batra, M. Bartels, K. Foerster
Bundesärztekammer zur Elektrokrampftherapie
Die Elektrokrampftherapie ist eine wissenschaftlich begründete, für bestimmte psychiatrische Erkrankungen die bestmögliche Behandlung, und im Verhältnis zum angestrebten Therapieerfolg mit einem geringen Risiko verbunden. Sie ist immer nur eine Komponente im Rahmen eines Gesamtbehandlungskonzepts.
Die immer wieder gezielt in die Öffentlichkeit getragene Darstellung der Elektrokrampftherapie als veraltete, überholte oder gar inhumane und grausame Behandlungsmethode ist falsch und beruht weitgehend auf einer mangelhaften Information.
Bei der Elektrokrampftherapie (EKT) wird in Narkose und unter Muskelrelaxation durch eine kurze elektrische Reizung des Gehirns ein generalisierter Krampfanfall ausgelöst. Nach heutigem Kenntnisstand ist die Wirkung der EKT auf neurochemische Veränderungen verschiedener Neurotransmittersysteme zurückzuführen.
Die Indikation für die EKT stützt sich auf zahlreiche Wirksamkeitsnachweise. Für die Auswahl der Patienten sind maßgeblich: die Diagnose, die Schwere der Symptome, die Behandlungsvorgeschichte sowie die Abwägung zwischen Nutzen und Risiken unter Berücksichtigung anderer Behandlungsoptionen. Dabei wird bei gegebener Indikation auch der Wunsch des Patienten berücksichtigt.
Bei folgenden psychiatrischen Erkrankungen ist die EKT die Therapie der ersten Wahl:
wahnhafte Depression, depressiver Stupor, schizoaffektive Psychose mit schwerer depressiver Verstimmung
Major Depression mit hoher Suizidalität oder Nahrungsverweigerung
akute, lebensbedrohliche (perniziöse) Katatonie.
Risiken bei der Behandlung sind im Wesentlichen Risiken der Narkose: wenn drei Patienten wöchentlich jeweils drei EKT unterzogen werden, ist statistisch alle 100 Jahre mit einer schwerwiegenden Komplikation zu rechnen.
Hirnschäden sind nach sachgerecht durchgeführter EKT nicht beschrieben worden. Auch aus kernspin- und computertomographischen Untersuchungen ergeben sich keine Hinweise auf strukturelle Veränderungen nach EKT.
Kognitive Störungen sind bei der heute üblichen Form der EKT deutlich geringer als bei der früher üblichen, doppelseitigen Stimulation. Direkt nach der EKT können eine vorübergehende leichte Störung der Orientierung, des Kurzzeitgedächtnisses, der Aufmerksamkeit sowie Gedächtnisstörungen auftreten. Während sich die anterograden Gedächtnisstörungen in der Regel rasch (in der Regel nach Stunden bis zu wenigen Tagen, spätestens 4 Wochen) zurückbilden, können die retrograden Amnesien länger bestehen bleiben.
Spannungskopfschmerzen treten bei knapp einem Drittel der Patienten nach EKT auf (häufigste Nebenwirkung der EKT).
Übelkeit und Erbrechen nach EKT kommen selten vor.
Die EKT wird von den Patienten rückblickend gut bis sehr gut beurteilt.
Die EKT wird, wie bei allen anderen medizinischen Eingriffen üblich, nur nach angemessener Aufklärung und schriftlicher Einverständniserklärung durchgeführt. Das Einverständnis oder die Ablehnung setzt die Einwilligungsfähigkeit der Patienten voraus. Diese beinhaltet, dass der Patient die Sachlage sowie die Bedeutung und Tragweite der vorzunehmenden Behandlung hinreichend zu beurteilen vermag.
Bei nichteinwilligungsfähigen Patienten mit dringlicher Indikation für eine EKT wird eine Betreuung gemäß Betreuungsgesetz eingerichtet. Im Bedarfsfall wird bei konkreter Gefährdung des Patienten eine einstweilige Betreuerbestellung bei dem zuständigen Vormundschaftsgericht veranlasst. Falls der vom Gericht eingesetzte Betreuer der EKT zustimmt, der Patient der EKT jedoch ausdrücklich widerspricht, wird im Regelfall auf die EKT verzichtet.
Deutsches Ärzteblatt 100, Ausgabe 8 vom 21.02.2003, Seite A-504