Fast alle befragten Staatsanwälte befürworten eine Umstellung des herrschenden Sachleistungs- auf das Rechnungsprinzip. Damit bekommt der Patient – wie bei einem Handwerker – volle Einsicht und kann nachvollziehen, welcher Teil der Behandlung ein vermeidbarer Kostentreiber war und ob die Rechnung der Sache nach korrekt ist.
Die Zeit 29.6.2006
Donnerstag, 29. Juni 2006
Staatsanwälte fordern Direktabrechnung
Samstag, 17. Juni 2006
Doc-in-a-box: MVZ für Arme
Die Idee ist einfach und klingt genial:
Aus ausrangierten Containern und Vertragsärzten ein MVZ bauen. Ziel ist es, eine mobile, einfach zu transportierende Ambulanzstation zu schaffen, die auch in ärmeren Bundesländern eingesetzt werden kann.
Es gibt tausende ausgediente Schiffscontainer in den Häfen der Welt, die aus Kostengründen nicht mehr zurückgeschickt werden. Und es gibt tausende abgewickelte Vertragsärzte in den KVen, die aus Kostengründen nicht mehr bezahlt werden.
Beide (Container und Ärzte) werden standardisiert, damit sie einfach auf Lastwägen, Eisenbahnwaggons oder in Schiffen in unterversorgte Gebiete transportiert werden können.
Um die Kosten möglichst niedrig zu halten, wurden für die Ausstattung des Containers zahlreiche recyclierte Abfallprodukte wieder verwendet. Ausgestattet ist das "Doc-in-a-Box"-System mit nach oben hochklappbaren Pritschen sowie mit Solarpanelen zur Erzeugung von Strom für den Laptop und den Ärztemotivator.
Damit können die Kosten für die medizinische Versorgung deutlich gesenkt werden. Durch bessere Koordination kann hier viel gespart und vor allem sinnlose Doppeluntersuchungen verhindert werden.
Ursprungstext geringfügig modifiziert.
Donnerstag, 15. Juni 2006
Protestwoche 12.-16. Juni 2006: Praxen zu
In Wuppertal und Umgebung hatten in dieser Woche bis zu 50% aller Praxen tageweise geschlossen. Mit dieser Protestaktion haben Sie nur einen kleinen Vorgeschmack darauf erlebt, wie sich die Patientenversorgung darstellen wird, wenn 40.000 von rund 120.000 Haus- und Facharztpraxen nach den Überlegungen der Politik dauerhaft geschlossen bleiben.
Die großen Ärzteverbände haben den nächsten großen bundesweiten Protesttag auf den 22. September 2006 gelegt. In der letzten Septemberwoche wird es zu flächendeckenden Praxisschließungen und lokalen Veranstaltungen kommen.
Mittwoch, 14. Juni 2006
LVR eröffnet neues Institut für Konsulentenarbeit "Kompass"
Manche Menschen mit Behinderungen stellen mit ihrem sozial auffälligem Verhalten ihre Angehörigen/ihre Betreuer vor schwierige Aufgaben. Um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen bei der Bewältigung dieser Herausforderung zu unterstützen, hat der Landschaftsverband Rheinland (LVR) als großer Einrichtungsträger und überörtlicher Sozialhilfeträger ein "Institut für Konsulentenarbeit" mit Sitz in Jülich gegründet. Das neue Institut, das unabhängig für verschiedene Einrichtungen arbeitet, wurde am Freitag (9.6.) dem Ausschuss für das Heilpädagogische Netzwerk der Landschaftsversammlung in Jülich vorgestellt.
"LVR eröffnet neues Institut für..." vollständig lesen »Dienstag, 13. Juni 2006
Politisch korrekt und sozial gerecht zum Weltmeister
Warum wurde die Forderung nach einer Verstaatlichung der Nationalelf, wie sie ja im medizinischen Bereich für Ärzte und Krankenhäuser seit über hundert Jahren vorangetrieben wurde, noch nicht erhoben?
Wann wird der DFB verstaatlicht, etwa in der Gestalt einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts?
Warum wird das noch immer unverändert geltende Regelwerk für das Fußballspiel aus den harten Zeiten des englischen Manchester nicht konsequent von seinen unerträglichen neokapitalistischen, globalisierten Rahmenbedingungen befreit? (Es kann schließlich nicht sein, daß ein äthiopischer Fußballer weniger verdient, als ein brasilianischer!)
Wäre es nicht eine wärmere Welt, wenn der Risikostrukturausgleich der Krankenkassen auch auf die Tore- und Punkteverteilung beispielsweise zwischen Bayern München und dem MSV Duisburg Anwendung fände? Würden nicht alle näher – und viel solidarischer – zusammenrücken, wenn niemand mehr absteigen muß?
Antworten auf diese und auf viele weitere Fragen bei Facharzt.de.
Das Märchen von der "doppelten Facharztschiene"
Eine fachärztliche Versorgung mit der Qualität der ambulanten Praxen kann in den Kliniken nicht erfolgen. Sollen die paar Chef- und Oberärzte die Arbeit der niedergelassenen Fachärzte noch neben der schon nicht mehr zu meisternden Klinikversorgung erbringen? Oder sollen in der Weiterbildung befindliche Assistenten als Fachärzte ausgegeben werden?
Wie soll die ambulante Versorgung in den Kliniken aussehen?
Terminvereinbarung innerhalb von 2 Tagen, Wartezeit unter 30 Minuten, Fachdiagnostik nach QM und eingegendes beratendes Gespräch oder Trauben von Menschen in Wartehallen, ausgerüstet mit Proviant für das Überstehen der Warte-Zeiten, die anderweitig besser, z.B. am Arbeitsplatz, verbracht werden könnten?
Will man in den Kliniken Fachärzte anstellen, die dann die Arbeit der ausgestorbenen niedergelassenen Fachärzte tun? Wenn ja, worin soll dann die Verbesserung und Verbilligung des Systems bestehen?
Die Ehefrauen des Verwaltungsleiters und sonstiger Führungspersonen der Betriebsleitung werden nicht als Billigarbeitskräfte in den Ambulanzen mitarbeiten, und die angestellten Ärzte werden nicht damit einverstanden sein, für 60 oder 70 Prozent des verhandelten Gehaltes noch zusätzlich 30 % unbezahlte Mehrarbeit und Überstunden draufzusatteln.
Der niedergelassene Facharzt ist meist ein gut ausgebildeter Spezialist, bei den Patienten angesehen und er genießt Vertrauen - damit ist diese Spezies ein rotes Tuch für Kreise, für die diese Begriffe Fremdworte sind. Die Qualität der in den Praxen angebotenen ambulanten medizinischen Versorgung ist von vielen Kliniken nur schwer zu erreichen, dennoch wird ein gut funktionierendes Versorgungssystem politisch blockiert und ausgezehrt.
Ideologisch gefärbte Märchenbilder wie das von der "doppelten Facharztschiene" leugnen die Wirklichkeit und wollen die Lebenumstände von 80 Millionen Menschen nach einem verqueren, zwanghaften Weltbild der Gleichmachung (im Mangel), der Überwachung und der Kontrolle reglementieren.
Montag, 12. Juni 2006
ADHS? Volljährig? Ritalin? Selbst zahlen!
Eine Krankenkasse muss einem Erwachsenen keine speziell für Kinder zugelassenen Medikamente bezahlen.
Das entschied das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem am Montag bekannt gewordenen Urteil. Als Ausnahme gelte nur, wenn der Hersteller eine Erweiterung der Zulassung beantragt habe oder zuverlässige, wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse über Wirksamkeit und Nebenwirkungen des Medikaments bei Erwachsenen vorlägen (Az.: L 5 KR 56/05).
Das Gericht wies mit seinem Urteil die Klage eines Versicherten gegen seine gesetzliche Krankenkasse ab. Der Kläger leidet an einer Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung. Nachdem Antidepressiva und andere Medikamente erfolglos geblieben waren, verordnete der Arzt ein Arzneimittel, das nur für die Behandlung der Krankheit bei Kindern zugelassen ist. Die Krankenkasse lehnte daher eine Übernahme der Kosten ab.
Das LSG sah die Weigerung der Kasse als berechtigt an. Wenn ein Medikament bei Kindern erfolgreich wirke, garantiere dies noch keinen Behandlungserfolg bei Erwachsenen. Eine Krankenkasse dürfe sich daher in diesen Fällen zu Recht auf die fehlende Zulassung für volljährige Patienten berufen.
200 Praxen bleiben zu
Aus einem Artikel in der WZ vom 12.6.2006 gehen die Kernforderungen der Ärzte eindeutig hervor:
Erhalt der Freiberuflichkeit und damit der Weisungsfreiheit im Interesse des Patienten
weg vom Sachleistungssystem und hin zur Direktabrechnung mit dem Patienten
zum Teufel mit der E-Card: Unantastbarkeit des Arzt-/Patientengeheimnisses
Um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen, wird in Remscheid, Wuppertal und Solingen etwa ein Drittel aller Haus- und Facharztpraxen in der Woche vom 12. bis zum 16.6.2006 tageweise geschlossen bleiben. Wird auch diese symbolische Aktion ignoriert, werden in den nächsten Wochen weitere, dann weniger symbolische, deutlicher spürbare Aktivitäten für Aufmerksamkeit sorgen.
Hintergrund: Etwa 30% aller Arztpraxen sind in den nächsten Monaten von Insolvenz bedroht. Diese Insolvenzen scheinen politisch gewollt (Stichwort: Beseitigung der "doppelten Facharztschiene"). Mit der aktuellen Protestaktion erleben Sie einen Vorgeschmack darauf, wie sich die Patientenversorgung darstellen wird, wenn 200 von 600 Praxen dauerhaft geschlossen bleiben.
Donnerstag, 8. Juni 2006
Holt die DDR zurück in die bundesrepublikanische Gegenwart!
Ein partiell frauenfeindlicher ZEIT-Artikel lässt sich (durch Subtraktion rotstichiger Pseudoinformation stark verkürzt) so zusammenfassen:
Die wieder entdeckten Strukturen der DDR und die Feminisierung der Medizin können die verkrusteten Strukturen im deutschen Gesundheitssystem wirklich aufbrechen: das MVZ holt ein Stück DDR zurück in die bundesrepublikanische Gegenwart. Hier haben wir gegenseitige Kontrolle. Angestellte Ärzte lassen sich besser dirigieren als 130.000 praktizierende Einzelunternehmer.
Sind die festgezurrten Strukturen erst einmal geknackt, sind die Regulierungsmöglichkeiten vielfältig.Das Ende des Mythos vom Arzt als Freiberufler, dem jeder Einfluss durch den Staat ein Gräuel ist. Viele Mediziner haben sich vom traditionellen Berufsbild längst verabschiedet. Es ist ein Abschied vom Bild des Doktors, der keinen Beruf hat, sondern eine gesellschaftliche Rolle. Ärzte leben und arbeiten im selben System wie die Müllabfuhr. Die Grenze zwischen Arzt und Nichtarzt löst sich auf.
Das tut dem Patient-Arzt-Verhältnis nicht gut. Es schadet dem Vertrauen. Gefährlich für die Menschen muss das nicht sein.
Das sehe ich anders.
Mittwoch, 7. Juni 2006
Atypische Antipsychotika in der Demenzbehandlung
In den vergangenen Jahren wurde wiederholt ein erhöhtes Sterberisiko bei Einsatz verschiedener Neuroleptika zur Behandlung der Demenz diskutiert. In einer Übersichtsarbeit wurden 15 Studien dazu ausgewertet.
Bei 3353 Patienten fanden sich 118 Todesfälle unter Atypika und 40 unter Placebo. Das entspricht einer Risikoerhöhung um den Faktor 1,54. Auch für Haloperidol ergibt sich eine ähnliche Risikoerhöhung.
Bei Einsatz von Neuroleptika sollte daher in den ersten Wochen eine Nutzen-Risiko-Bewertung auch unter Einschub eines Auslassversuches erfolgen, zumal sich Verhaltensauffälligkeiten auch unter Placebogabe verbunden mit Zuwendung verringerten.
Schneider LS et al: Risk of death with atypical antipsychotic drug treatment for dementia: meta-analysis of randomized placebo-controlled trials.
JAMA. 2005 Oct 19;294(15):1934-43