BÜRGER TRAUERN UM DIE GESUNDHEITSVERSORGUNG
EINE AKTION DER FREIEN ÄRZTESCHAFT ZUR VERABSCHIEDUNG DES GESUNDHEITSKOMPROMISSES
Trauer um die Gesundheitsversorgung
Die Gesundheit geht alle an, das ganze Volk ist betroffen.
Protest und Widerstand gegen die „Gesundheitsreform“ kommen aus allen Bereichen der Gesellschaft. Selbst Parlamentarier äußern unverhohlen ihre Abneigung gegen dieses Flickwerk zentralistischer Fehlsteuerung. Erneut wird der längst notwendige Neuanfang und Kurswechsel in der Sozialpolitik unterlassen. Damit wird eine neue Phase des Protests und des Widerstandes eingeleitet.
Die Freie Ärzteschaft ruft alle Patienten und Bürger vom 31. Januar bis zum 2. Februar 2007 auf zur Aktion:
"Deutschland trauert um das Gesundheitswesen"
An diesen Tagen soll in der zweiten und dritten Lesung das "Wettbewerbsstärkungsgesetz" behandelt und vom Bundestag verabschiedet werden. Während dieser Beratungstage und am Tag der Gesetzesverabschiedung tragen Menschen in Deutschland in der Öffentlichkeit ein Zeichen der Trauer. In Arztpraxen und Apotheken sollen Trauerschleifen verteilt werden und Etiketten, auf denen steht:
"Diese Gesundheitsreform schadet allen. Ich bin dagegen."
Mittwoch, 31. Januar 2007
Das System ist schwer krank
Montag, 29. Januar 2007
Horchen Sie auf Ihr Gewissen!
Ein Stethoskop für jeden Bundestagsabgeordneten:
Gesetz schon bei der Geburt schwer krank.
Die Freie Ärzteschaft hat jedem Bundestagsabgeordneten ein Stethoskop geschenkt: "Wir fordern die Abgeordneten auf, noch einmal intensiv in sich hineinzuhorchen, ob dieses Gesetz nicht schon bei der Geburt schwer krank ist", sagt Martin Grauduszus, Präsident der FÄ. Noch sei es Zeit, eines der schlechtesten Gesetzeswerke der Nachkriegsgeschichte durch eine demokratische Abstimmung ad acta zu legen und den Weg für einen Neuanfang frei zu machen.
Insbesondere das System der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung werde durch die Gesundheitsreform ohne Not zerstört, warnt Grauduszus. An anderen Stellen werde durch schlichte Verbal-Kosmetik nur vorgetäuscht, dass sich etwas ändere. Die Stethoskope sollen die Abgeordneten als symbolische Arbeitshilfe betrachten – die FÄ fordert die Parlamentarier auf:
Horchen Sie mit dem Stethoskop zunächst auf Ihr eigenes Gewissen.
Untersuchen Sie dann, was unsere Patienten - Ihre Wähler - bedrückt (mehr Rationierung, Wartelistenmedizin, staatliche Bevormundungsmedizin).
Hören Sie, wie Ärzte der Basis und Patienten über eine Reform urteilen, die bekanntlich kein einziges der drängenden Probleme der GKV lösen wird (Unterfinanzierung, Demographie-Problem, Fortführung der Budgets unter anderem Namen).
"Uns Ärzte bewahrt das Stethoskop jeden Tag vor Fehldiagnosen und falschen Behandlungen. Möge es Ihnen die gleichen Dienste tun", wünscht Grauduszus den Abgeordneten.
Freie Ärzteschaft 29.1.2007
Freitag, 26. Januar 2007
Ärzte mahnen Laumann zur Pflichterfüllung
In einem Artikel der Rheinischen Post mahnt NRW-Gesundheitsminister Laumann (CDU) Mediziner, ihre Pflicht zu erfüllen. Der Pflegerat in Person von Frau Müller wirft Ärzten gar einen "Verstoß gegen den Hippokratischen Eid“ vor, wenn sie Pflegeheimbewohner nicht besuchen.
Die ''Ermahnung'' des Herrn Laumann stellt die Realität auf den Kopf und der von Frau Müller geäußerte Vorwurf eines ''Verstoßes gegen den Hippokratischen Eid“ ist nichts anderes als eine Polemik, die die Ursachen von Versorgungsnotständen fälschlich bei der einzigen Berufsgruppe ansiedelt, die mit täglicher Arbeit gegen diese Notstände ankämpfen.
Mit der gleichen Argumentation könnte ich beim nächsten Stromausfall meine Glühbirne für die Dunkelheit verantwortlich machen, statt mich an den Energieversorger zu wenden.
Realiter stellt das Gesundheitssystem schon seit längerem keine ausreichenden Mittel mehr zur Versorgung von Heimbewohnern zur Verfügung.
Realiter sind die beklagten Versorgungsnotstände Ergebnis des erklärten politischen Zieles, die ambulante ärztliche Versorgung auszutrocknen.
Realiter subventionieren Ärzte das marode System mit einer jährlichen ''Muskelhypothek'' in Höhe von knapp 8 Milliarden Euro.
Realiter wurde in zähen Verhandlungen mit den Krankenkassen zwar eine Vergütung von 0,779 €/min festgelegt, aber es werden nur 0,375 €/min tatsächlich bezahlt - das sind 48%!
Bitte, lieber Pflegerat: weiter die Ethikkeule schwingen. Aber, bitte, in Richtung Berlin. Und bitte, Herr Laumann, drängen Sie weiter auf Pflichterfüllung und sorgen Sie auf politischer Ebene dafür, daß Verträge auch eingehalten werden. Sie werden die gewünschte Dienstleistung erst dann erhalten.
Samstag, 20. Januar 2007
Gleichschaltung
Das Arbeiten mit dem Sozialgesetzbuch ist nachgerade zu einer Qual geworden.
Das einzig und allein ethischen Normen gehorchende Arzt-Patient-Verhältnis wird aufgelöst und unversehens zur Beute einer »öffentlichen Aufgabe«, die von einer Art ärztlicher Ordensgemeinschaft, der Reichsärztekammer in treuer Komplizenschaft mit der Kassenärztlichen Vereinigung Deutschlands, zu bewältigen sei. In dieser »öffentlichen Aufgabe« verschwindet der Patient mit seinem individuellen Körper zu Gunsten eines übergeordneten »Volkskörpers«, dessen Gesunderhaltung die deutsche Ärzteschaft zu sichern hat.
Die traditionell bürgerlichen, von Freiberuflichkeit geprägten Ärzte gelten für das System als potenziell gefährlich. Missstände und Probleme im Gesundheitswesen könnten zu Unruhen führen und bedürfen deswegen der „Kontrolle“.
Nein.
Das hat nichts, aber auch gar nichts mit den aktuellen Verhältnissen, mit dem SGB V, oder mit lebenden Personen zu tun. Das ist Geschichte.
Montag, 15. Januar 2007
Strategische Fehler
Bei meiner Lebensplanung habe ich offensichtlich strategische Fehler gemacht.
Fehler #1: Ich bin Arzt geworden.
Fehler #2: Ich bin Psychiater geworden.
Fehler #3: Ich wende mich kranken Menschen zu.
Fehler #4: Ich habe keine reiche Frau geheiratet.
Zu Fehler #1:
Ich wär ja lieber Automechaniker geworden. Aber ich kann kein Öl sehen. 13 Jahre Schule. 6 Jahre Studium. 7 Jahre Facharztausbildung incl. Zusatztitel. Macht 26 verlorene Jahre. Wär ich mit 16 in die Lehre gegangen, hätte ich mit 19 meinen Meister machen können, ließe heute die Lehrlinge springen und würde Weihnachten auf den Bahamas verbringen. Ich könnte eine Familie ernähren (mit 47 eigentlich selbstverständlich, oder?).
Zu Fehler #2:
Chirurgen wissen nix, können aber alles. Internisten wissen alles, können aber nix. Pathologen wissen alles und können alles - bloß zu spät. Psychiater wissen nix und können nix. Sind gar keine richtigen Ärzte. Werden immer mit Psychologen verwechselt (2 von 3 Überweisungen). Psychiater haben keine Lobby (so wie ihre Kunden). Psychiater stehen am Ende der ärztlichen Einkommensskala. Ich muß bescheuert gewesen sein...
Zu Fehler #3:
Keine egotrippenden Arztgattinnen. Keine neurotischen Lehrer. Keine hypochondrischen Börsianer. Keine größenwahnsinnigen Politikerinnen. Nur derangierte Schizophrene. Verwahrloste Säufer. Blutende Borderliner. Negative Risikoselektion eben. High energy, high demand. Arzt (Ursprungsfehler).
Zu Fehler #4: Ist noch das Geringste. United we stand.
Bilanz: Zeit für einen Reset. Korbmodell ab Montag. Sind Sie dabei?
Sonntag, 14. Januar 2007
Es ist wie mit rationierten Lebensmitteln
Entstanden ist der Schlamassel 1993: Damals wurden die Ausgaben im Gesundheitssystem gedeckelt, die Gesamtsumme eingefroren. Es ist wie mit rationierten Lebensmitteln. Jede Praxis bekommt einen Drei-Monats-Vorrat. Dessen Verteilung auf die einzelnen Patienten liegt oft im Ermessen des Arztes.
Der Abrechnungskatalog ist etwa bei Nervenärzten stolze 327 Seiten dick und schlüsselt im Detail auf, was erlaubt ist und was nicht. Sogar die Zeit, die der Arzt mindestens aufwenden muss, ist bei einigen Leistungen definiert. Das System erstickt an seiner Detailfreude.
Das kassenärztliche Abrechnungssystem ist teuer, ineffizient und ungerecht. Zwar sind Ärzte eigentlich freie Unternehmer - das Risiko von Kosten, Gehalt und Krediten müssen sie tragen. Beim Einkommen wird der Kassenarzt eher zum Gehaltsempfänger - egal was er tut, das Einkommen bleibt gleich. Hinter vorgehaltener Hand heißt es übereinstimmend: „Das System ist absurd.“
::: Die alltägliche Planwirtschaft ::: FAZ.NET/Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 13.1.2007
Dienstag, 9. Januar 2007
Ablasshandel, oder: Ich verstehe nur Bahnhof!
Da zanken sich die Bundeshoheiten mit den Länderfürsten um den größten Schluck aus dem Gesundheitsfond(s). Und was lese ich? "Da, wo wir auf die Solidarität des Bundes angewiesen sind - etwa was die Verkehrsinfrastruktur angeht - dürfen wir dann auch die Solidarität des Bundes erwarten."
Baden-Württemberg sieht sich bei der "Gesundheitsreform" finanziell benachteiligt. Zum Ausgleich verlangt man daher Kohle für die Umwandlung des Stuttgarter Hauptbahnhofes in eine unterirdische Durchgangsstation und für die dazugehörige ICE-Neubaustrecke von Wendlingen nach Ulm.
Bahnhof statt Krankenhaus. Demnächst können Sie mit Ihrer "Gesundheitskarte" auch noch Bahn fahren. Und mit Ihrer Bahncard zum Arzt.
::: Gesundheitsreform - Auch innerhalb der CDU Meinungsunterschiede. Vogt: Bedingungen sind »Harakiri-Politik« ::: Reutlinger General-Anzeiger 9.1.2007
Samstag, 6. Januar 2007
Die Normen der Aufmerksamkeitskultur
Über die Ursachen von psychischen Störungen wie ADHS wird gestritten. Einige Forscher gehen soweit auszuschließen, dass ADHS mit den Begebenheiten der modernen Zivilisation zu tun hat. Dabei zeigen Beobachtungen, dass unter bestimmten Lebensbedingungen die Krankheit kaum zum Tragen kommt.
Wenn wir in einer Stabhochspringerkultur lebten, gäbe es sicher viele Kinder mit einem Stabhochsprungdefizit, das entsprechend als Krankheit definiert und behandelt würde. Unsere Gesellschaft braucht aber nun einmal keine besonders bewegungshungrigen Menschen, sondern eher solche, die möglichst lange still sitzen und auf einen Computerbildschirm starren können.
::: Wie Ritalin & Co. im Gehirn und der hyperaktiven Gesellschaft wirken ::: Telepolis 20.11.2006
Freitag, 5. Januar 2007
Aufbau einer neuen Identität
Depressionen werden speziell bei jungen Männern häufig mit Online-Spielen ausgeglichen. Das Ausschlaggebende daran sei die Möglichkeit, eine neue Identität anzunehmen. Häufig würden zwar auch aggressive Games zur Kompensierung der Depressionen genutzt, der wichtigste Aspekt liege aber auf so genannten Online-Rollenspielen.
::: Psychisch Kranke flüchten ins Internet ::: Pressetext.de 22.11.2006
Donnerstag, 4. Januar 2007
Das Scheitern der Gesundheitsreform - besser ist das!
Für die Bürger wäre ein Scheitern der Reform die weitaus bessere Variante. Sagt Die Welt, denn:
... die Pläne sind nicht ausgegoren. Für die Versicherten wird es teurer, neue Bürokratie entsteht, der Staat greift noch mehr regulierend in das System ein.
Und:
Überdies wird mit der privaten Krankenversicherung einem funktionierenden System aus ideologischen Gründen schwerer Schaden zugefügt. Nahezu alle namhaften Wissenschaftler verdammen denn auch das Gesetzeswerk in Bausch und Bogen.
Das Ärgerliche ist, dass die Verantwortlichen in der Regierung und in den Fraktionen sehr wohl wissen, dass sie mit der Reform das selbst gesteckte Ziel, die Krankenversicherung langfristig finanziell zu stabilisieren, völlig verfehlen. Dass Schwarz-Rot dennoch an diesem Gesetz festhält, ist reines politisches Kalkül.
::: Warum es besser wäre, wenn die Gesundheitsreform scheitert ::: Die Welt 4.1.2007
::: Das Ende der privaten Vollversicherung? ::: Die Welt 4.1.2007