Im Stern wird allerdings darüber geklagt, daß sie ungleichmäßig verteilt seien, denn in der Stadt gebe es mehr Ärzte als auf dem Land. Könnte durchaus ein Nebeneffekt der oft gelobten Gesundheitswirtschaft sein. Dabei kommt es nämlich zur Zentrenbildung, nicht zur Verteilung in die Fläche. Ist ja, im gesundheitsökonomischen Jargon, effizienter. Ein europäisches Phänomen übrigens. Und speziell in Deutschland hat man als Landarzt so seine Probleme: Regressdrohungen, Honorarkürzungen wegen Budgetüberschreitungen und so weiter.
Andererseits herrscht Ärztemangel landauf und landab, bis zum Jahre 2010 sollen sich Lungenkranke wegen Mangel an Fachärzten in «verheerenden Situationen» wiederfinden, Ausbildungsplätze werden gestrichen, Landräte und Bürgermeister sind in heller Sorge. Das Problem hat sich sogar bis in die USA ausgebreitet.
Kein Wunder: viele Ärzte haben mittlerweile die Faxen dicke
vom deutschen Gesundheitssystem, von Rund-um-die-Uhr-Arbeit, schlechter Bezahlung und überbordender Bürokratie und als "politisch missbrauchte Mittler der Sparaktionen"
und gehen lieber ins Ausland (zum Beispiel, siehe oben, in die USA).
Aber im Grunde haben wir immer noch zu viele Ärzte in Deutschland, so das AOK-Wido, das über "schlecht verteilte Weißkittel" in Einzel-, Gemeinschafts- und Hobby-Praxen klagt, die nur in der Nähe von "Edelrestaurants, Theatern, Hochschulen, und Boutiquen" anzutreffen seien. Das sei medizinisch nicht notwendig. Vielleicht sollten "Leistungserbringer" in die Nähe von Pommesbuden, Stadien, Hauptschulen und Kleiderkammern zwangsversetzt werden, damit die medizinische Notwendigkeit wiederhergestellt wird. Was ist eigentlich mit der Niederlassungsfreiheit, einer der "Grundfreiheiten" der Europäischen Verträge (zitiert ebenfalls nach AOK)?
Die anspruchsvollen Patienten sind schuld: "Die gehen automatisch mit jedem Schnupfen zum HNO-Arzt. Und mit jedem Herzklopfen zum Kardiologen." Und wollen sich harmlose Warzen auf Kosten der Allgemeinheit weglasern lassen. Da haben wir es wieder. Und deswegen müssen sich die Hausärzte mit den Fachärzten prügeln, weil letztere in den Pfründen der ersteren wildern und Befindlichkeitsstörungen mit teurem High-Tech bekämpfen. So ist das nun mal im Wellnessbereich der Gesundheitswirtschaft.
Und die Ärzte sind schuld: die kranken Kassen müssen richtig blechen. Und das, obwohl die Gesamtvergütung aller Ärzte zusammen budgetiert ist. Das heißt, ob ein Arzt jetzt fünf Warzen lasert oder fünfzig - die Kassen zahlen immer das Gleiche. Und trotzdem klagen sie darüber, daß mehr Ärzte auf engem Raum mehr Leistungen bedeuteten, die bezahlt werden müssten. Möglicherweise wegen des gestiegenen Verwaltungsaufwandes.
Arm dran sind auch die Kassenärztlichen Vereinigungen, die den wilden Haufen Schwarzkittel Weisskittel in staatlichem Auftrag zu disziplinieren haben. Auf deren eigene Kosten übrigens, durch Zwangsabgaben finanziert.
Die Lösung des Problems?
Mehr Fehlanreize: die Beiträge anheben, damit die Ansprüche der Leistungsbegehrer steigen, Stillegungsprämien für Arztpraxen zahlen, gleichzeitig strukturschwache Gebiete subventionieren. Mehr Planwirtschaft eben.
Von der eigentlichen Lösung - Freilassung der Arzt-Patienten-Beziehung aus dem Käfig des SGB V und Deregulierung durch ökonomisch sinnvolle Anreize für beide Gruppen - keine Spur.
Und außerdem:
"Eine Arztpraxis ist ein Unternehmen, das nicht dazu bestimmt ist, der Befriedigung persönlicher Neigungen zu dienen. Das ausschließliche Interesse an einer optimalen Hilfe für die Patienten stellt eine private Veranlassung für die Hinnahme von Verlusten dar, welche steuerlich unbeachtlich ist."
Finanzgericht Düsseldorf (14 K 7839/00 E)
Stern, da mußt du aber nachbessern.