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Obszöner Speckgürtel

Ärztepräsident Hoppe hat auf dem 111. Deutschen Ärztetag  mit vornehmen Worten die Umlagerung des primär ärztliche Heilkunde Ausübenden durch mehr oder weniger parasitäre Schichten von zunehmend fragwürdigen Partizipanten an unserem Gesundheitssystem kritisiert (i.e. Zwischenhandel, Versicherungen, Berater - auch als "Speckgürtel" bezeichnet):

Wir sind ja jetzt insofern schon angloamerikanisiert, dass wir immer in Gewinner- und Verliererdimensionen rechnen - Gewinner dieser Reform, seit den 90er Jahren, (...) sind die Planwirtschaftler, die Investoren, und die spezielle Variante des so genannten grauen Marktes.

Die Verlierer sind die Patienten, die Gesundheitsberufe - darunter auch wir Ärztinnen und Ärzte - und mildtätig-caritativ eingestellte Menschen und Organisationen. Das ist die Diagnose, die man danach stellen muss.

In Großbritannien wird eine ähnliche Diagnose deutlich härter formuliert:

In sensible Western Countries like France and Germany, they know that an efficient hospital functions best at about 90% capacity so that there is time to sterilize the mattress between one admission and the next.

In the UK, which, under El Gordo, now spends as much on health as some of these countries, the hospitals are usually running at over 100%, with the beds still warm from the previous corpse when the next lucky “customer” gets to lie in it. “How can this be?” you no unreasonably ask yourself.

Maybe it has something to do with the gargantuan monetary waste spent on the bloated corpse of paper- shufflers and meeting-attenders, who, like an obscene inverted pyramid, sit on top of the doctors and nurses who try to run the service? Some of these, in the form of the local PCT, were the same fucktards who decided not to pay GPs for doing minor injuries: their strategy of using their walk-in-centres and A&E seems to have backfired on them fairly spectacularly.

Eine Kopplung von Dienstleistung und Spende

Über das fehlende Unrechtsbewußtsein zehntausender Ärzte, die schamlos ihre Abrechnungen frisieren, Hausbesuche bei Toten machen und sich von der Pharmaindustrie schmieren lassen, wird an anderer Stelle genüsslich berichtet. Das muss ich hier gar nicht vertiefen.

Aktuell hat sich unsere werdende Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan in die Nesseln gesetzt. Wie die Wiwo berichtet, hat sie zusammen mit ihrem Mann (Gründer und langjähriger Vorsitzender von Transparency International)  Hilfe angeboten, den Ruf des Pharma-Unternehmens ratiopharm zu verbessern.

In dem Kontext legte sie Ratiopharm nahe, eine Viadrina-nahe Einrichtung mit einen „nennenswerten Betrag“ zu unterstützen – was die Firma als „Kopplung“ von Dienstleistung und Spende empfand und ablehnte.

Ärzte verdienen sich dumm und dämlich

Meine Fresse - ich bin reich! Ich wusste es bislang nur noch nicht. Jetzt kann ich beruhigt weiter arbeiten, zu dem fürstlichen Honorar, das die kranken Kassen offenbar zu zahlen bereit und in der Lage sind.

Erstens soll ich mit Privatpatienten so richtig Kasse machen, ja, mein Einkommen sogar verdoppeln können. Zweitens soll seit 2005 durchschnittlich jeder niedergelassene Arzt sieben Prozent mehr Honorar eingestrichen haben. Da gibt es jetzt aber wirklich nichts mehr zu meckern!

Aber die Ärztelobby jammert einfach weiter. So kurz vor dem Ärztetag muss man als Funktionär einfach mal so richtig Dampf ablassen. KBV-Köhler fordert drittens mal eben 4,5 Milliarden Euro mehr Honorar. BÄK-Hoppe will viertens, dass die Rationierung in der Patientenversorgung endlich öffentlich diskutiert wird. Mehr Kohle will er auch und er droht Proteste an.

In der Presse heisst es dazu: "Ärzte wollen medizinische Leistungen rationieren" (dabei hieß es doch ursprünglich: "Ärzte wollen nicht rationieren").

Hier war offensichtlich wieder das Ministerium für Wahrheit am Werk. Erlauben Sie mir eine Korrektur:

Erstens werden die Leistungen für Kassenpatienten tatsächlich miserabel vergütet (das ist ungefähr so, als würden die Arbeitgeber nur die Hälfte des Tariflohns zahlen) und sind obendrein noch rationiert - im Neusprech heißt das budgetiert. Das vereinbarte Honorar wird einfach nicht gezahlt, aber dafür hafte ich mit meiner Existenz für etwaige Budgetüberschreitungen.

Zweitens stammen die Zahlen für die angeblich so enormen Honorargewinne der niedergelassenen Ärzte direkt aus der Feder des Gesundheitsministeriums. Das hat nämlich die Studie dazu in Auftrag gegeben - publication bias inklusive. Da kann man gleich den Bock zum Gärtner machen.

Wer hat drittens eilfertig dabei geholfen, diese Zahlen zu lancieren? Die Ärztelobby (genannt KBV). Wer einen solchen "Tarifpartner" hat, der braucht keinen Gegner mehr. Zumal dieser "Partner" 4,5 Milliarden Euro fordert. Bei einem Fehlbetrag von jährlich rund 8 Milliarden.

Viertens sollte tatsächlich endlich Klartext gesprochen werden. Schluss mit dem Herumeiern. Dazu wählen wir einen neuen BÄK-Präsidenten oder schaffen den Verein gleich ganz ab, der mit unseren (meinen) Zwangsbeiträgen nur Worthülsen in den Äther bläst.

Und fünftens? An einer Stelle hat die Studie doch tatsächlich Recht:

Am größten waren sie (die Honorareinbußen) bei Psychiatern mit einem Minus von 17 Prozent im Westen.

Was derzeit wirklich passiert (2)

Die zahllosen Antworten und die überwältigende Unterstützung als Reaktion auf meinen ersten Text haben mir klar gemacht, dass ich mit meinem Empfinden so weit nicht weg bin von der tatsächlichen Entwicklung in unserem Land und den echten Sorgen unserer Bürger.

Die Grundhaltung, diesen zweiten Teil zu schreiben, ist eine gänzlich andere als beim ersten Mal: Wenn es Anfang Februar 2008 noch so war, dass ich mir eine Türe aufgeschlossen habe und panikartig eine erste Meldung an alle Betroffenen ausrufen wollte, so sitze ich nun seit Wochen starr vor dem gesamten Blick in einen Raum, den ich nicht vollständig beschreiben kann. Seit Wochen weiß ich, dass ich diesen Text verfassen muss, aber während ich im Bezug auf unser Gesundheitswesen noch relativ klar die paar Fakten ordnen konnte, fällt es mir umso schwerer, Struktur in die Ausmaße der Entdemokratisierung in Deutschland zu bekommen.

Ein gewogener Journalist hatte den Umfang meines ersten Textes kritisiert: Die Menschen könnten einfach keine längeren Schriftstücke mehr lesen, sondern würden plakative kurze Schlagworte benötigen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Nun, ich glaube, es wird uns allen in Zukunft nicht erspart bleiben, wieder mehr zu lesen, wenn wir verstehen wollen, was in Deutschland, in Europa und in der Welt derzeit passiert und auch dieser Aufsatz ist wieder lang. Für die Querleser trotzdem eine kurze Zusammenfassung:

  1. Die Grundstruktur unseres Landes wurde und wird komplett verändert. An die Stelle einer sozialen Marktwirtschaft tritt die Politik des Sozialdarwinismus, der die Schwachen noch schwächer und die Starken noch stärker machen soll.
  2. Die im Grundgesetz verankerte parlamentarische Demokratie bleibt wie eine Fassade davor stehen und dient allein dazu, den Strukturwandel unseres Landes zu überwachen und Verstöße zu verfolgen. Dem einzelnen Bürger dient sie immer weniger.
  3. Die selbsternannten Eliten unseres Landes bestimmen diese Veränderung über mächtigen Lobbyismus, der in allen Bundesministerien zuhause ist, der die wenigen politischen Entscheidungsträger konsequent führt oder bei Zuwiderhandlung zerstört. Viele Lobbyisten arbeiten direkt als „Leihbeamte“ in allen Ministerien und stellen die Weichen für ihre Arbeitgeber.
  4. Das Ziel ist die komplette Vermarktung des Bürgers sowie dessen Kontrolle in allen Lebensphasen und die Umwandlung zu einem gefügigen Angestellten der Firma Deutschland.
  5. Soziale Wärme, Solidarität und Gerechtigkeit werden als Hemmnis dieser Entwicklung verstanden und sollen zerstört werden.
  6. Diese Politik betrifft nicht nur Deutschland, auch wenn wir es wieder am perfektesten veranstalten, sondern die ganze Welt und sie drückt aus, was wirklich unter dem Begriff der „Globalisierung“ zu verstehen ist.
"Was derzeit wirklich passiert (2)" vollständig lesen

Telematik nach Art der Ärztekammer

Im Vorfeld des Ärztetages rührt die Bundeärztekammer fleissig die Werbetrommel für "Gesundheitskarte", e-health und Telematik. Dadurch wird ja bekanntlich alles besser, schneller und einfacher.

Im eigenen Haus sieht man das anders. Konservativer (um nicht "rückständiger" zu sagen).

Ende letzten Jahres forderte mich die Ärztekammer Nordrhein auf, meine freiwilligen Zwangsfortbildungsnachweise der Jahre 2004 bis 2007 einzureichen. Da die Dinger ohnehin auf meiner Festplatte lagerten, habe ich sie schnell gezippt, besser noch signiert und einfach per Mail an die Aekno geschickt.

Im Januar 2008 (!) bekam ich dann diese Nachricht:

Sehr geehrter Herr Dr. Proll,

Danke für Ihre E-mail vom 16.11.2007. Wir bedauern Ihnen mitteilen zu müssen, dass dieser E-mail im Datenformat beigefügten Nachweise in dieser Form nicht Ihrem Punktekonto zugefügt werden können.

Als Nachweis ist die Vorlage der einzelnen Teilnahmebescheinigungen in Kopie erforderlich. Wir dürfen Sie bitten, die Kopien der Teilnahmebescheinigungen für die Anerkennung der Fortbildungspunkte an die Ärztekammer Nordrhein, Abteilung Weiterbildung, Tersteegenstr. 9,40474 Düsseldorf zu senden.

Gerne stehen wir Ihnen bei Rückfragen auch telefonisch unter der u.g. Telefonnummer zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Im Auftrag

Frau Sowieso

Merkwürdig. Die Kopien hatte ich doch zugesandt. Was schreibt denn die Aekno dazu offiziell?

Die bisher in Papierform bescheinigten Punkte werden schrittweise dem elektronischen Punktekonto gutgeschrieben. In Papierform bescheinigte Punkte sollten nur als Kopien der Originalbelege gesammelt übermittelt und der Ärztekammer nicht als Einzelbelege zugeschickt werden.

Folgt man dem Link im o.a. Zitat zur Seite des gemeinen Bundesausschusses und sucht dort nach dem Stichwort "Fortbildungsnachweis", stößt man auf einen internen Serverfehler:

Oops!

Da habe ich dann nicht weiter gesucht.

Was ist eine Kopie? Nach Wikipedia handelt es sich um die Nachbildung oder Vervielfältigung von Dingen oder immaterieller Güter, beispielsweise um eine technisch hergestellte Kopie eines Dokumentes oder um die Vervielfältigung von Daten.

Heute habe ich mich dann daran gemacht, technisch hergestellte Kopien der verlangten Dokumente zu anzufertigen und sie von der digitalen wieder in die analoge Form zu transmogrifizieren. Das kostete mich eine Stunde Zeit, 97 DIN-A-4-Seiten, eine Unmenge Toner, haufenweise Kilowattstunden, einen riesigen Umschlag und massenhaft Porto. Demnächst darf ich dann noch 20 € an die Aekno abdrücken, damit die 367 Punkte auch tatsächlich meinem Konto gutgeschrieben werden.

Warum? Weil ich weder den abrupten Entzug meiner Zulassung, noch Einbußen beim Honorar riskieren will. Also habe ich in bravem Befehlsgehorsam einen Medienbruch begangen.

Bei der Aekno werden die Dinger dann zu Beweissicherungszwecken wieder eingescannt. Wetten?

Kommunikation? Aber sicher!

Wenn Sie mir eine Mail mit persönlichen Angaben schicken wollen, dann sollten sie sie verschlüsseln. Wer weiss, wer alles mitliest, und überhaupt: Mails sind in etwa so diskret wie Postkarten.

Meinen öffentlichen Schlüssel finden Sie hier.

Nachdem ich in den letzten Jahren ohne größere Probleme mit der kostenpflichtigen Version von PGP gearbeitet hatte, stellte sich die Situation nach dem Rechnerumzug vor einigen Wochen anders dar. Die aktuelle Version ließ sich nicht installieren, und mit  8.1 lahmte der Rechner, Programmabstürze häuften sich. Zuletzt fror das System dreimal täglich ein, jeweils mit 50% Prozessorlast durch PGPTray. Also habe ich den Revo Uninstaller bemüht und siehe da: keine Bremse mehr. Jetzt geht's mit GnuPG und TrueCrypt weiter, bislang ohne Geschwindigkeitseinbußen.

Unbelehrbar un sozial

Auch in diesem Jahr fährt Frau S. die soziale Verantwortung mit dem umweltschädlichsten Dienstwagen vor die Wand.

Nimmt man dann noch den durch die "Gesundheitskarte" zu erwartenden, rasant ansteigenden Energieverbrauch hinzu, in Verbindung mit der offenkundigen Beratungsresistenz jener Person, ergibt sich eine echt üble Klimavergiftung (nicht nur des sozialen).

Edit (9.5.08): Das Ministerium dementiert. Der neue Dienstwagen von Frau S. habe einen kleineren Motor.

Möglicherweise ein Hamsterrad.