Ein Jurist fragt sich, ob diese „Qualitätsoffensive" der AOK nicht primär eine „Marketinginitiative" ist.
Dienstag, 25. Mai 2010
AOK Arztnavigator
Donnerstag, 20. Mai 2010
Neues von den Geiselnehmern
Mit wem stellt Frau Ehrenstein die Krankenhausärzte auf eine Stufe, wenn sie in der Welt schreibt: "Ärzte nehmen ihre Patienten in Geiselhaft"?
Mit Gangstern im Jemen.
Mit Zockern.
Mit Terroristen.
Mit Hütchenspielern.
Mit Rechtsbrechern.
Mit Piraten.
Mit Islamisten.
Mit den Regierenden.
Findet heute man alles unter dem Suchbegriff "Geiselhaft". Und die etwas ehrenrührig klingende, fast schon polemisch-aggressive Formulierung von Frau Ehrenstein fällt wohl immer noch unter die Meinungsfreiheit? Da kann man dann nichts machen. Trotzdem: irgendwie unehrenhaft, so gar nicht passend zu einer ehrbaren Journalistin.
Montag, 17. Mai 2010
Wie viele Ärzte braucht das Land?
Genau so viele:
Alles begriffen? Schön.
Grundlage der Bedarfsplanung in Deutschland sind Verhältniszahlen, die aus dem Verhältnis der Zahl der Einwohner zur Zahl der zugelassenen Vertragsärzte in einem bestimmten Planungsbereich ermittelt werden.
Die Kassenärztlichen Vereinigungen haben im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen sowie im Benehmen mit den zuständigen Landesbehörden nach Maßgabe der vom Gemeinsamen Bundesausschuss erlassenen Richtlinien auf Landesebene einen Bedarfsplan zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung aufzustellen und jeweils der Entwicklung anzupassen. Als Basis wird die Einwohner / Arztrelation für die nach dem 3. Abschnitt, § 6 definierten Raumgliederungen berechnet (S. 18, siehe Formel oben).
Und schon 2008 schaffte der G-BA Voraussetzungen in der Bedarfsplanungs-Richtlinie, ärztlicher Unterversorgung entgegen zu wirken...
Planwirtschaft pur. Der "Bedarf" wird von Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung allein aus dem Verhältnis zwischen Einwohnern und Ärzten eines Planungsbezirkes festgelegt. "Über-" und "Unterversorgung" ergeben sich allein aus dieser Verhältniszahl.
Reality Check:
Sofern die Hypothese, dass das Verhältnis zwischen Arzt- und Einwohnerzahl eines Planungsbezirkes den Bedarf definiert, zutrifft, müsste ich, der in einem gesperrten (überversorgten) Planungsbezirk lebt, tagelang Däumchen drehen.
Dass dem nicht so ist, erkennen Sie an der Tatsache, dass ich seit geraumer Zeit keine neuen GKV-Patienten behandeln darf. Wegen der Regelungen zur Verhinderung einer unzulässigen Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit.
Dass dem nicht so ist, erkennen Sie am Warteschlangenproblem. (Vielleicht wäre das ja ein geeignetes Instrument, um den "Bedarf" zu beziffern?)
Der medizinische Bedarf einer Planungsregion lässt sich eben nicht mit simplen Verhältniszahlen top-down festlegen. Das wäre aber auch zu einfach
Sonntag, 16. Mai 2010
Mehr zur Kostenerstattung
Der Ärztetag hat dazu noch folgende Beschlüsse gefasst:
Der Deutsche Ärztetag spricht sich für eine stärkere Erprobung von sozialverträglichen Selbstbehalttarifen sowie Wahltarifen für zusätzliche Versorgungsangebote für GKV-Versicherte auf Basis einer Kostenerstattung aus. Kostenerstattung ermöglicht mehr Transparenz über das Leistungsgeschehen als Voraussetzung für eine von den Versicherten selbst gewählte Individualisierung der Versorgung und fördert das Kostenbewusstsein. (14)
Der Deutsche Ärztetag fordert den Gesetzgeber auf, bis zur Einführung des Kostenerstattungsprinzips als primärem Abrechnungs- und Vergütungssystem in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), die bestehenden Benachteiligungen für gesetzlich Krankenversicherte bei der Wahl der Kostenerstattung zu beseitigen und eine Gleichberechtigung von Kostenerstattung gemäß § 13 Abs. 2 SGB V und Sachleistungsprinzip in der GKV herzustellen. (93)
Das Ende des Leistungserbringers
Auf Antrag von Frau Bartels, Herrn Dietrich und Herrn Grauduszus (Drucksache V - 58) beschließt der 113. Deutsche Ärztetag (Seite 111):
Der Deutsche Ärztetag möge erneut beschließen, dass die Ärzteschaft die Vokabel "Leistungserbringer" nicht mehr verwendet.
Der Begriff ist mit der Würde der ärztlichen Heilkunst von Ärzten und Ärztinnen in Klinik und Praxis nicht vereinbar.
Die Vokabel wird von interessierter Seite benutzt, um die Deprofessionalisierung des Arztberufes voranzutreiben.
Donnerstag, 13. Mai 2010
Kostenerstattung in der gesetzlichen Krankenversicherung
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung bezeichnete am 9.5.2010 die Umstellung auf die Kostenerstattung als „vorrangiges Vergütungsziel“.
Nur wenige Tage später entschieden sich die Delegierten des Deutschen Ärztetages mit 118 Nein-Stimmen zu 95 Ja-Stimmen gegen den Antrag von Angelika Haus, die Kostenerstattung als primäres Abrechnungs- und Vergütungssystem in der gesetzlichen Krankenversicherung einzuführen.
Es gibt Gerüchte, dass die Nein-Stimmen überwiegend von Krankenhausärzten stammen sollen.
Dienstag, 11. Mai 2010
Weg mit den Fachärzten!
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft möchte "zu gleichen Konditionen an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen dürfen", die Kapazitäten der Krankenhäuser stärker in die ambulante Versorgung einbringen und die "doppelte Facharztschiene" zurückfahren.
Liebe DKG. Gleiche Konditionen, das heißt
- nur die Hälfte der geleisteten Arbeit bezahlt bekommen
- Regressdohungen in sechsstelliger Höhe, mit
- persönlicher Haftung
- Investitionen aus dem Ertrag finanzieren (statt vom Land finanzieren zu lassen)
und noch ein paar Leckerbissen mehr. Wollt ihr das wirklich?
Das kann nicht funktionieren. Nicht einmal, wenn ihr die Fachärzte durch "unterqualifiziertes Personal" substituiert.
Freitag, 7. Mai 2010
Schwer psychisch Kranke in der Versorgung benachteiligt
Honorarentwicklung seit 2005
Zum 2. Quartal 2005 wurde der "betriebswirtschaftlich kalkulierte" EBM2000plus installiert. Seitdem gab es fast jedes Quartal neue "Nachjustierungen", die das Leistungsgeschehen immer intransparenter und unberechenbarer werden ließen.
2009 hieß es dann abschließend: ihr Ärzte kriegt 10% mehr, also haltet das Maul.
Nichts da. Ich will heute mal für etwas Transparenz sorgen. Hier die Honorarentwicklung meiner Praxis seit April 2005:
Wie Sie sehen,
- ist die Leistungsmenge (Nachfrage) in dieser Zeit um etwa 20% gestiegen
- ist die Fallzahl in dieser Zeit um etwa 5% gestiegen
- ist die Auszahlungsquote von ca. 80% auf ca. 65% gefallen
- ist der daraus erwirtschaftete Arztlohn von etwa 55% auf etwa 35% gesunken.
Kleine Anmerkung dazu: die Leistungsmenge ist im Vergleich zur Fallzahl deswegen stärker angestiegen, weil ich mehr Psychotherapie anbiete. Das setzt der Fallzahl eine natürliche Grenze, und Psychotherapie wird deutlich besser honoriert, als sozialpsychiatrische Drecksarbeit.
Die Auszahlungsquote können Sie übrigens mit dem Geld, das die KV Nordrhein an mich überweist, gleichsetzen. Ich muss also heute 20% mehr arbeiten, um im Vergleich zu 2005, 15% weniger zu bekommen.
Das mit dem Arztlohn ist etwas komplizierter. Dabei handelt es sich um eine Rechengröße, die, nach einem Schiedsspruch, zwischen KBV und Kassen festgelegt wurde, um die Leistungsbewertungen des EBM200plus mit Zahlen zu füllen. Eigentlich sollte dieser Wert um die 1 herum dümpeln. Mittlerweile bin ich bei 0,4 angekommen, Tendenz: fallend...
Was heißt das jetzt? Ganz einfach: mittlerweile schuldet mir die KV Nordrhein 162.000 € für die Arbeit, die ich seit 2005 zwar geleistet, aber nie honoriert bekommen habe.
Vielleicht lasse ich mir eine Spendenquittung ausstellen.
Ärztemangel gibt's nicht
Seit einiger Zeit höre und lese ich immer wieder mit Erstaunen vom so genannten "Ärztemangel". Meist wird bejammert, dass es nicht mehr genügend altmodische Landärzte gebe. Andere geben sich betont optimistisch und glauben fest daran, dass man alle (Land-)Ärzte, die bisher die ganze Kohle verprasst haben, bequem durch Telemedizin, Gemeindeschwestern, und Fallmanager substituieren kann.
Dabei gibt es gar keinen Ärztemangel. Wir sind mit den Typen überversorgt, haben sogar das Plansoll bundesweit um 26 Prozent übertroffen. Die sind nur falsch verteilt! Picken sich die fetten Rosinen aus dem mageren Kuchen.
Politiker und andere "Experten" überbieten sich mit Patentrezepten: mehr Studienplätze müssen her. Frei werdende Arztpraxen sollen nicht wieder besetzt werden. Eine Landarztquote wird eingeführt. Krankenhäuser sollen in die ambulante Regelversorgung eingebunden werden. Die Eröffnung von Facharztpraxen wird erschwert. Das Image des Landarztes muss durch Änderung der planwirtschaftlichen Vorgaben aufpoliert werden. Man will nichtärztliche Berufsgruppen zur Versorgung Kranker heranziehen. Es wird zu mutigen Gesundheits-Reformen aufgerufen (ach nein, das war 2003, sorry).
Tolle Show. Das ist ungefähr so, als würde ich meinen Patienten vorschlagen, sie sollten sich die Köpfe aufbohren, damit die Stimmen schneller raus können.
Demnächst gehen 70.000 Ärzte in den Ruhestand.
Das Nachwuchsproblem kriegen sie jedenfalls nicht damit gelöst, dass sie die Bürokratie exponentiell wachsen lassen. Auch nicht, indem sie den Punktwert von 5,11 auf 3,5 auf 2,1 ct senken. Nicht dadurch, dass sie die Regelleistungsvolumina im Quartalstakt nach unten justieren. Oder, indem sie uns Monster wie dieses hier ins Haus schicken und uns damit für Monate von der Arbeit abhalten:
Dabei gäbe es durchaus ein paar einfache, wirksame Hausmittel gegen den Engpass, der sich in der medizinischen Versorgung abzeichnet. Billige, populistische Phrasen, Planwirtschaft, und teure, technokratische Ersatzbefriedigung gehören nicht dazu.