drehen einige mal wieder mächtig durch.
Da wäre beispielsweise der Herr Spahn, "Gesundheitsexperte" der CDU. Er wünscht sich ein "Lieferscheinprinzip" für ambulante Behandlungen: nach getaner Arbeit soll der "Kunde" die gelieferten Leistungen quittieren, sonst kriegt der Arzt kein Geld. Kriegt er in der zweiten Quartalshälfte zwar sowieso nicht, aber was soll's. Den Lieferschein gibt es sogar schon, in Form der so genannten Patientenquittung, aber was soll's. Hauptsache: wichtig tun.
Leider hat Herr Spahn seinen Wunsch nicht zu Ende gedacht. Wenn man schon gesundheitswirtschaftlich denken will, dann aber bitte richtig.
Vor einem Lieferschein steht zunächst die genaue Marktanalyse des Kunden. Dieser muss gesetzlich verpflichtet werden, bundesweit nach den kostengünstigsten Angeboten zur Lösung seines speziellen Problems zu fahnden. Als Orientierungshilfe bei der Bedarfsermittlung dienen, bei scheinbar Gesunden, zunächst die hierarchisierten Morbiditätsgruppen des Bundesversicherungsamtes. Bereits manifest Erkrankte müssen sich auf ihre Erstdiagnose beschränken; spätere Erkrankungen sind nicht zulässig. Bei der Suche nach den günstigsten Angeboten, der Reiseplanung und der Terminvermittlung, helfen gern die Verbraucherzentralen, die Patientenberatungsstellen, Krankenkassen, und Herr Spahn.
Der beim ersten Termin erarbeitete Behandlungsvorschlag muss zunächst der zuständigen Krankenkasse vorgelegt werden, die dann den Auftrag bestätigt. Erst danach kann die kundenpräsenbasierte Dienstleistung ausgeliefert und auf dem Lieferschein bestätigt werden - so geht das, Herr Spahn. Vielleicht wollen Sie noch die Lieferscheine persönlich abzeichnen? Oder eine Lieferscheinkontrollagentur gründen?
Mittwoch, 29. Dezember 2010
Kurz vor Jahresschluss
Dienstag, 28. Dezember 2010
Die GKV-Checkliste
Angelehnt an den IGeL-Ratgeber der TK, steht jetzt auch eine Checkliste für GKV-Patienten zur Verfügung. Die zentralen Fragen:
1. Hat mir meine Krankenkasse erklärt, warum die Leistungen der GKV für mein spezielles gesundheitliches Problem nur ausreichend, wirtschaftlich, zweckmäßig und notwendig sein dürfen?
2. Hat mir meine Krankenkasse wissenschaftliche Belege für den Nutzen, Wirkung und Nebenwirkungen der Medikamente ihrer Rabattverträge genannt? Hat mir meine Krankenkasse verträglichere Alternativen aufgezeigt?
3. Hat mich meine Krankenkasse umfassend und verständlich über Nutzen, Risiken und Nebenwirkungen der von ihr empfohlenen Medikamente und Präventionsmaßnahmen beraten?
4. Bin ich von meiner Krankenkasse sachlich sowie ohne Drängen informiert worden?
5. Bin ich von meiner Krankenkasse über die Kosten informiert worden?
6. Gibt es eine schriftliche Vereinbarung zwischen meiner Krankenkasse und mir über die mir gesetzlich zustehende medizinische Versorgung aus meinen Zwangsbeiträgen?
7. Habe ich von meiner Krankenkasse eine schriftliche Entscheidungshilfe zu den Leistungen der GKV bekommen?
8. Bin ich von meiner Krankenkasse über die Rechtsmittel belehrt worden, wenn ich einmal mit den Leistungen der Krankenkasse nicht zufrieden bin?
9. Hat mich meine Krankenkasse über den Umfang und die Leistungen meines "Versicherungsvertrages" umfassend aufgeklärt?
10. Wo kann ich mein Recht gegenüber den Krankenkassen einklagen?
11. Kann ich mit einer sofortigen Kostenerstattung rechnen, wenn ich aus gesundheitlichen Gründen bei meinem Arzt medizinische Leistungen in Anspruch nehmen möchte, die nicht zum Leistungskatalog der Krankenkassen gehören, aber weltweit wissenschaftlich gesichert sind?
Wenn Sie alle Punkte mit "ja" beantworten können, dann gratuliere ich Ihnen zur Wahl Ihrer Krankenkasse.
Sollten einige Punkte mit "nein" beantwortet werden, bin ich gerne bereit, Ihnen beim Wechsel Ihrer Krankenkasse behilflich zu sein.
via (mit freundlicher Genehmigung des Autors)
Donnerstag, 23. Dezember 2010
Ja, die Bayern
Die Auseinandersetzungen dort hatten einiges an Lokalkolorit zu bieten. Neben allen Bemühungen des BHÄV, für seine Klientel bessere Vertragsbedingungen auszuhandeln, spielten auch historische, zum Teil landesspezifische Grabenkämpfe zwischen KVB und BHÄV, Fachärzten und Hausärzten, eine Rolle. Hinzu kommen bundespolitische Meinungsverschiedenheiten, die der BHÄV auszunutzen versucht hat.
Nach den immer schärfer werdenden Drohungen (Rechtswidrig! Über Nacht keine Patienten mehr! Sechsjähriges Berufsverbot gefährdet die eigene Existenz! Nie wieder Weihnachtsgeschenke!) überrascht es nicht, dass sich nur immerhin 40% der Hausärzte letztlich zu einem Zulassungsverzicht in der Lage sahen. Wer derart mit empfindlichen Übeln bedroht wird, könnte glatt Angst bekommen haben. Wie sagte ein Kollege an anderer Stelle? "Was ist das für ein Land, das seine Ärzte mit Existenzvernichtung bedroht, um sie zur Arbeit zu pressen. Das kennt man sonst nur von totalitären Regimen."
Rückblickend könnte man entschuldigend den Eindruck gewinnen, dass die Angst, die manche Ärzte beim Gedanken an einen Zulassungsverzicht entwickelt haben, in Wirklichkeit Trennungsängste der KVB, der Kassen, und der Politik gewesen sind, die sich auf die ausstiegswilligen KollegInnen übertragen haben.
Besagter §95b SGB5, auf den sich die Sprüche von der Rechtswidrigkeit und von der Existenzbedrohung bezogen haben, geht übrigens auf das Konto eines anderen Bayern, der seine hervorragenden Fachkenntnisse immer wieder gern unter Beweis stellt: Seehofer.
Besagter §95b wird in wesentlichen Teilen auch als verfassungsrechtlich bedenklich beurteilt...
Schwamm drüber. Immerhin ist jetzt deutlich, dass die ärztliche Versorgung in einigen Bereichen bedrohlich wackelt. Dieses Thema wird auch in den kommenden Monaten nicht von der Tagesordnung verschwinden.
Eines sollte aber niemand vergessen: weder Politiker wie Herr Söder, Herr Seehofer, oder Herr Rösler, noch Verwaltungsfachkräfte, wie Herr Gaßner oder Herr Schösser, noch Berufsfunktionäre, können die Patientenversorgung übernehmen.
Das können nur Ärzte.
Sonntag, 19. Dezember 2010
Liebesentzug, Ethikkeulen, Drohungen und Rivalitäten
Kurzes Update zu den Vorgängen in Bayern:
facharzt.de [ Auch Ersatzkassen wollen Hausarztverträge kündigen ]
Am Montag wollen dem „Münchner Merkur” zufolge sämtliche Ersatzkassen den Ausstieg aus den Hausarztverträgen verkünden.
facharzt.de [ Regierung startet Anzeigenkampagne gegen Hausärzte ]
Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) mahnte in der „Passauer Neuen Presse”: „Berufsinteressen dürfen nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden.”
Söder: Auch in einem medizinischen Versorgungszentrum werden Patienten auf hohem Niveau behandelt. Die Kliniken im ländlichen Raum stehen für eine gute medizinische Versorgung.
facharzt.de [ Bayerische Regierung schaltet "Ärzteportal" zum Ausstieg ]
"Die Bayerische Staatsregierung hat für die Hausärzte viel erreicht! In Bayern wurden flächendeckend Hausarztverträge auf hohem Vergütungsniveau abgeschlossen. Für die Verträge gibt es Rechtssicherheit bis Mitte 2014", informiert die Seite weiter: "Ein Ausstieg geht zu Lasten von Patienten und gefährdet die Existenz von Ärzten".
facharzt.de [ Scharmann: Hoppenthallers rechtswidrige Politik schadet Fachärzten ]
„Die Hausärzte der BHÄV wollen angeblich nach eigenen Aussagen trotz Ausstieges ihre Patienten weiterbehandeln. Wenn es dennoch zu einem Ansturm auf die fachärztlichen Praxen kommen wird, werden wir selbstverständlich keinen Patienten abweisen, der unserer Hilfe bedarf. Schließlich sind wir als Ärzte immer noch vornehmlich unseren Patienten verpflichtet.“ so Scharmann (ed: Scharmann ist der Vorsitzende der Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände Bayern).
Da wird aber ordentlich mobil gemacht! So allmählich werden die Drohungen schärfer, der Ton flehentlicher, die Rivalitäten deutlicher. Teilweise sind das ja regionale Spezialitäten, aber auch in anderen Bundesländern, oder gar bundesweit, würde das kaum anders laufen. Bin nach wie vor gespannt, wie das ausgeht.
Donnerstag, 16. Dezember 2010
Potentieller Partner der AOK
Die AOK in Bayern hat einen neuen Verbündeten:
Axel Munte, Chef der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB): "Der Hausärzteverband hat die Schmerzgrenze seiner Vertragspartner eindeutig überschritten", sagte er. "Wenn der Bayerische Hausärzteverband jetzt nicht gegenüber den Kassen einlenkt, dann steht die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns als potentieller Partner der AOK bereit", sagt Munte.
So läuft der Hase also. Dabei heißt es doch: "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus."
AOK, KVB und BHÄV sind dann wohl doch keine Krähen. Das Schauspiel erinnert mich eher an "Unter Geiern".
Arbeitspflicht für Ärzte!
Glaubt man Gesundheitsminister Rösler, dann hat sich unsere geliebte Bundesregierung "dazu entschlossen, im ersten Halbjahr 2011 ein sogenanntes Versorgungsgesetz auf den Weg zu bringen", um die Sicherstellung der medizinischen Dienstleistungen (...) zu verbessern.
Moneyquote:
"Es darf auf gar keinen Fall sein, dass Behandlungen unterlassen werden aus nicht sachgerechten Gründen, also nicht aus medizinischen Gründen, sondern aus fiskalischen Gründen."
Er fordert also eine unentgeltliche Arbeitspflicht. Und er möchte den Mangel an bezahlter Arztzeit mit einem neuen Gesetz (schon wieder eins!) verschwinden lassen. Einfach so.
So entfesselt, wie er heute zu sein scheint, tritt er ein schweres Erbe an.
Mittwoch, 15. Dezember 2010
Systemausstieg in Bayern
Die Hausärzte in Bayern legen sich gerade mit der AOK an:
Gesundheit: Konflikt der AOK Bayern mit Hausärzten eskaliert - Nachrichten Print - DIE WELT - Politik - WELT ONLINE
Die AOK Bayern hat damit gedroht, den Hausärzten im Freistaat die Honorare zu kürzen oder womöglich zu streichen. Sollte der Hausärzteverband seine Mitglieder weiter auffordern, ihre Zulassung als Kassenarzt zurückzugeben, werde die AOK die Zusammenarbeit mit dem Verband beenden, meldete die Kasse. Ein "Hausarztvertrag", der den Medizinern ein höheres Honorar zusichert, ende dann am 15. Januar.
Deutsches Ärzteblatt: Nachrichten "Bayerischer Hausärzteverband macht AOK ein Friedensangebot"
Der Bayerische Hausärzteverband (BHÄV) hat der AOK Bayerns einen neuen, veränderten Vertrag für den gemeinsamen Hausärztevertrag zugeschickt. Sollte die AOK diesen annehmen, möchte der BHÄV auf seine Abstimmung für eine kollektive Rückgabe der kassenärztlichen Zulassung verzichten.
Der Antrag des Bayerischen Hausärzteverbandes (BHÄV) gegen die AOK Bayern auf unverzügliche Auszahlung von rund 38 Millionen Euro noch ausstehender hausärztlicher Vergütung für das erste Halbjahr 2010 vor dem Sozialgericht München war erfolgreich.
AOK Bayern reagiert nicht auf Hausarzt-Angebot
Die AOK Bayern hat auf das Vertragsangebot des Bayerischen Hausärzteverbandes (BHÄV) bisher nicht reagiert. Stattdessen habe die AOK angekündigt, die Schlusszahlungen für das dritte Quartal um mehr als 16 Millionen zu kürzen.
Beides zeige, dass die AOK eine Fortsetzung des Hausarztvertrages nicht wolle und die gesetzliche Bestandsklausel nur Makulatur ist, interpretiert BHÄV-Vorsitzender Dr. Wolfgang Hoppenthaller die Entwicklung.
Systemausstieg? Es bleibt beim Termin 22. Dezember
Die Hausärzte in Bayern werden "trotz massiver Angriffe, Drohungen und Einschüchterungsversuche" der Krankenkassen am 22. Dezember in Nürnberg über einen Austritt aus dem KV-System entscheiden.
Wenn ich das so lese, dann frage ich mich ernsthaft, ob kranke Kassen für Ärzte tatsächlich einen so verlässlichen Vertragspartner darstellen, wie es in der Vergangenheit von Befürwortern der 73b-Verträge vehement vertreten wurde. Ich war da schon immer etwas skeptisch.
Andererseits: es ist gut, dass die systembedingten Konflikte offen ausgetragen werden, statt sie hinter verschlossenen KV-Türen zu verschleiern.
In diesem Sinne wünsche ich den bayerischen KollegInnen viel Erfolg bei ihren Bemühungen, ärztlichen Positionen wieder mehr Gewicht zu verleihen.
Arbeitskreis Induzierte Erinnerungen
Der Verein „Schulterschluss bei Sektenbetroffenheit e.V.“ (SbS) ist seit seinem Bestehen in zunehmendem Maße zum Ansprechpartner für Familien geworden, die durch die Problematik der „induzierten Erinnerung“ betroffen sind. Meist handelt es sich dabei um in der Therapie angeblich wieder erinnerte Missbrauchshandlungen durch den Vater, durch die Eltern oder ein anderes Familienmitglied. So erfahren die Herkunftsfamilien schwerste Beschuldigungen und Belastungen.
Der „Arbeitskreis Induzierte Erinnerungen“ hat sich zur Aufgabe gemacht, die Öffentlichkeit aufmerksam zu machen, um
- mehr Bewusstsein zu schaffen für die besondere Situation dieser Hilfesuchenden
- mehr Aufmerksamkeit zu bewirken in Fachkreisen
- mehr Vorsicht bei jungen Frauen/Männern zu bewirken, die psychologische Hilfe suchen und das Angebot von "Erinnerungs- bzw. Aufdeckungs-/Therapien" erhalten.
Weitere Informationen bei: Schulterschluss bei Sektenbetroffenheit e.V.
Dienstag, 14. Dezember 2010
(Ehemalige) Gesundheitspolitiker beweisen ihre Kompetenz
Heute: Horst Seehofer.
Auch die Amis schaffen ihre freiberuflichen Ärzte ab
Criminalizing Independent Physician Practices
Far too many physicians are still fundamentally independent-minded; there is still a lot of work to be done to get all the doctors to assimilate into the Borg.
And a major step in this direction will be to eliminate Independent Practice Associations.
Erinnert mich ein bischen an die Verhältnisse hierzulande. An MVZ und Hausarztverträge beispielsweise.