Die Elektrokrampftherapie ist eine wissenschaftlich begründete, für bestimmte psychiatrische Erkrankungen die bestmögliche Behandlung, und im Verhältnis zum angestrebten Therapieerfolg mit einem geringen Risiko verbunden. Sie ist immer nur eine Komponente im Rahmen eines Gesamtbehandlungskonzepts.
Die immer wieder gezielt in die Öffentlichkeit getragene Darstellung der Elektrokrampftherapie als veraltete, überholte oder gar inhumane und grausame Behandlungsmethode ist falsch und beruht weitgehend auf einer mangelhaften Information.
Bei der Elektrokrampftherapie (EKT) wird in Narkose und unter Muskelrelaxation durch eine kurze elektrische Reizung des Gehirns ein generalisierter Krampfanfall ausgelöst. Nach heutigem Kenntnisstand ist die Wirkung der EKT auf neurochemische Veränderungen verschiedener Neurotransmittersysteme zurückzuführen.
Die Indikation für die EKT stützt sich auf zahlreiche Wirksamkeitsnachweise. Für die Auswahl der Patienten sind maßgeblich: die Diagnose, die Schwere der Symptome, die Behandlungsvorgeschichte sowie die Abwägung zwischen Nutzen und Risiken unter Berücksichtigung anderer Behandlungsoptionen. Dabei wird bei gegebener Indikation auch der Wunsch des Patienten berücksichtigt.
Bei folgenden psychiatrischen Erkrankungen ist die EKT die Therapie der ersten Wahl:
wahnhafte Depression, depressiver Stupor, schizoaffektive Psychose mit schwerer depressiver Verstimmung
Major Depression mit hoher Suizidalität oder Nahrungsverweigerung
akute, lebensbedrohliche (perniziöse) Katatonie.
Risiken bei der Behandlung sind im Wesentlichen Risiken der Narkose: wenn drei Patienten wöchentlich jeweils drei EKT unterzogen werden, ist statistisch alle 100 Jahre mit einer schwerwiegenden Komplikation zu rechnen.
Hirnschäden sind nach sachgerecht durchgeführter EKT nicht beschrieben worden. Auch aus kernspin- und computertomographischen Untersuchungen ergeben sich keine Hinweise auf strukturelle Veränderungen nach EKT.
Kognitive Störungen sind bei der heute üblichen Form der EKT deutlich geringer als bei der früher üblichen, doppelseitigen Stimulation. Direkt nach der EKT können eine vorübergehende leichte Störung der Orientierung, des Kurzzeitgedächtnisses, der Aufmerksamkeit sowie Gedächtnisstörungen auftreten. Während sich die anterograden Gedächtnisstörungen in der Regel rasch (in der Regel nach Stunden bis zu wenigen Tagen, spätestens 4 Wochen) zurückbilden, können die retrograden Amnesien länger bestehen bleiben.
Spannungskopfschmerzen treten bei knapp einem Drittel der Patienten nach EKT auf (häufigste Nebenwirkung der EKT).
Übelkeit und Erbrechen nach EKT kommen selten vor.
Die EKT wird von den Patienten rückblickend gut bis sehr gut beurteilt.
Die EKT wird, wie bei allen anderen medizinischen Eingriffen üblich, nur nach angemessener Aufklärung und schriftlicher Einverständniserklärung durchgeführt. Das Einverständnis oder die Ablehnung setzt die Einwilligungsfähigkeit der Patienten voraus. Diese beinhaltet, dass der Patient die Sachlage sowie die Bedeutung und Tragweite der vorzunehmenden Behandlung hinreichend zu beurteilen vermag.
Bei nichteinwilligungsfähigen Patienten mit dringlicher Indikation für eine EKT wird eine Betreuung gemäß Betreuungsgesetz eingerichtet. Im Bedarfsfall wird bei konkreter Gefährdung des Patienten eine einstweilige Betreuerbestellung bei dem zuständigen Vormundschaftsgericht veranlasst. Falls der vom Gericht eingesetzte Betreuer der EKT zustimmt, der Patient der EKT jedoch ausdrücklich widerspricht, wird im Regelfall auf die EKT verzichtet.
Deutsches Ärzteblatt 100, Ausgabe 8 vom 21.02.2003, Seite A-504
< Verordnung ambulanter psychiatrischer Krankenpflege | Genehmigungspflicht von Elektrokrampftherapie >
Mittwoch, 21. Januar 2004
Bundesärztekammer zur Elektrokrampftherapie
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