Verwaltungsarbeit stiehlt uns Ärzten viel Zeit und Geld - doch wie viel, auf Euro und Cent? Erstmals soll das im Rahmen einer Studie im deutschen Gesundheitswesen untersucht werden. Dazu befragt der Ärztenachrichtendienst zusammen mit A.T. Kearney, einem der weltweit größten Top-Management-Beratungsunternehmen, Ärzte in Klinik und Praxis.
Nehmen Sie an der Umfrage teil und beantworten Sie, viel Ihrer Arbeitszeit Sie mit Verwaltungstätigkeit verbringen, die mit GKV-Patienten zusammenhängt.
Die Ergebnisse der Umfrage sind ganz sicher auch für die weitere politische Diskussion über die Situation in der Medizin in Deutschland entscheidend. Bitte nehmen Sie teil – und bitte senden Sie diese Information an möglichst viele Kolleginnen und Kollegen, damit die Datenlage möglichst breit wird – je mehr Daten, desto aussagekräftiger ist die Studie!
Mit diesem Link gelangen Sie zur Umfrage.
Dienstag, 21. Juni 2011
Umfrage zur Verwaltungsarbeit
Freitag, 17. Juni 2011
Niemand braucht Fachärzte
"Nahezu 90 Prozent aller fachärztlichen Planungsbereiche sind überversorgt", erklärte Thomas Ballast, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Ersatzkassen e. V. (vdek).
So, so. Falls Sie demnächst mal wieder Probleme haben sollten, angesichts der dramatischen Überversorgung einen Termin beim Facharzt zu kriegen (also bei mir), dann wenden Sie sich vertrauensvoll an Herrn Ballast (bzw. an seine Pressesprecherin: 01 73 / 25 13 13 3). Die werden Ihnen helfen...
Montag, 4. April 2011
Eine Meisterin im Weglassen
Die Frau Pfeiffer vom Kassenverband ist echt dreist. Erst behauptet sie, wir hätten so viele Ärzte wie nie. Und jetzt soll der "geringe Umfang der Sprechzeiten ein Grund dafür sein, dass trotz der Überversorgung gerade mit Fachärzten" Patienten Probleme hätten, einen Arzttermin zu bekommen.
Da hat sie schon wieder vergessen, etwas Entscheidendes zu erwähnen:
- Die gesetzliche Regelung zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis verbietet nämlich eine allzu großzügige Terminvergabe.
- Außerdem sieht §17 (1a) BMV-Ä gerade mal 20 Wochenstunden als ausreichend an.
So schlimm kann das mit den Terminen also nicht sein. 2008 ging jeder Deutsche durchschnittlich 18,1 Mal zum Arzt - das reichte damals noch zum "Weltmeistertitel in der Disziplin Arztbesuche".
Mittwoch, 30. März 2011
Ungelogen, Frau Pfeiffer
Frau Pfeiffer, Chefin eines Krankenkassenverbands, ließ neulich verlauten, dass es viel zu viele Ärzte gibt:
Pfeiffer: Fakt ist: Wir haben so viele Ärzte wie nie. Es gibt rund 45.000 niedergelassene Ärzte mehr als noch vor 20 Jahren. Es gibt aber ein Verteilungsproblem. Daran wird sich in den nächsten Jahren wenig ändern. Ich versuche den Minister davon zu überzeugen, dass man die Unterversorgung, die er beklagt, nur beseitigen kann, wenn man die Überversorgung abbaut.
Falls Sie also mal keinen Termin beim Arzt kriegen sollten, fragen Sie doch Frau Pfeiffer, woran das - angesichts der enormen Überversorgung - liegen könnte.
Frau Pfeiffer lügt natürlich nicht, wenn sie die oben genannte Zahl nennt. Sie vergißt lediglich zu erwähnen, dass
- Anfang der Neunziger rund 20.000 Ärzte durch die Wiedervereinigung,
- Anfang der Neunziger rund 10.000 Ärzte durch den "Seehofer-Bauch",
- und Ende der Neunziger rund 16.000 psychologische Psychotherapeuten
die Zahl der Vertrags"ärzte" auf geradezu mystische Weise haben steigen lassen.
Das sieht dann so aus:
Quelle: http://daris.kbv.de/daris/link.asp?ID=1003761632
Außerdem vergißt sie zu erwähnen, dass sich die Zahl der Ärzte seit 1970 zwar tatsächlich etwa verdoppelt hat, die Zahl der Verwaltungsmitarbeiter in diesem Zeitraum aber um 2.500% gestiegen ist:
Jetzt wissen Sie, wo Ihre Beiträge bleiben, und wer wirklich geschäftstüchtig ist:
Vom Vorstandsgehalt der Vorsitzenden Dr. Doris Pfeiffer (226.500 Euro) könnte man fast zwei konservativ tätige Facharztpraxen nebst Helferinnen unterhalten.
Samstag, 12. Februar 2011
Wo bleibt das Geld der Beitragszahler?
In Hamburg werden Vorstandsmitglieder der Securvita verdächtigt, Versichertenbeiträge veruntreut und damit einen Schaden von rund 18 Millionen Euro verursacht zu haben. Den 170.000 Mitgliedern wären damit pro Nase 106 Euro flöten gegangen. Zusätzlich hat man sich vorstandsintern aber sogar noch ein bischen mehr Geld geliehen.
Wenn jetzt jede unserer derzeit 111 Krankenkassen ähnliche Leichen im Keller hätte, dann wären wir schnell bei einem Gesamtschaden von zig Milliarden (inklusive Dunkelziffer).
Ich gehe aber davon aus, dass das natürlich nur ein Einzelfall ist - und nicht die Spitze des Eisbergs
Der Huber übrigens, der da in Verdacht geraten ist, der war früher immer ziemlich schnell dabei, wenn es darum ging, anderen eine Kultur der Bestechlichkeit zu unterstellen. Psychodynamisch übrigens hoch interessant.
Sonntag, 30. Januar 2011
Wo bleibt das Geld der Beitragszahler? Die Kassen verbrennen es im Fusionsreaktor.
Zahlen lügen nicht: Krankenkassen-Fusion als Kostentreiber
Der Bundesrechnungshof hat in einem Bericht festgestellt, dass bei vielen Fusionen Personal- und Verwaltungskosten eher ansteigen und nicht sinken. In dem Bericht sind 32 Fusionen zwischen 2007 und 2009 überprüft worden, nur bei einer sanken die Verwaltungskosten. Fusionen führen auch langfristig nicht zu einer Reduzierung der Verwaltungskosten.
Ich frage mich, ob es sich dabei um einen linearen, oder um einen exponentiellen Zusammenhang handelt. Im zweiten Fall dürften die Kosten schnell gegen Unendlich gehen.
Beim Bundesrechnungshof selbst habe ich übrigens nichts dazu gefunden.
Die Vermutung des Bundesgesundheitsministeriums, "auch durch geeignete Fusionen können wirtschaftlichere Leistungseinheiten entstehen", scheint jedenfalls nicht ganz zutreffend zu sein. Nicht gerade evidenzbasiert, die Gesundheitspolitik. Die kann und darf sich da sowieso nicht einmischen.
Montag, 17. Januar 2011
Einfache Rechenaufgabe
Plan für den Patienten - WELT ONLINE
AOK-Vizechef Graalmann (...) rechnet vor, dass Ärzte und Kliniken "in diesem Jahr von jedem Versicherten 250 Euro mehr bekämen als noch 2008. Dafür müssten sie Behandlungsqualität und Service verbessern.
Dem entsprechend müsste ich jetzt Behandlungsqualität und Service um 15% kürzen. Oder, Herr Graalmann?
Dienstag, 28. Dezember 2010
Die GKV-Checkliste
Angelehnt an den IGeL-Ratgeber der TK, steht jetzt auch eine Checkliste für GKV-Patienten zur Verfügung. Die zentralen Fragen:
1. Hat mir meine Krankenkasse erklärt, warum die Leistungen der GKV für mein spezielles gesundheitliches Problem nur ausreichend, wirtschaftlich, zweckmäßig und notwendig sein dürfen?
2. Hat mir meine Krankenkasse wissenschaftliche Belege für den Nutzen, Wirkung und Nebenwirkungen der Medikamente ihrer Rabattverträge genannt? Hat mir meine Krankenkasse verträglichere Alternativen aufgezeigt?
3. Hat mich meine Krankenkasse umfassend und verständlich über Nutzen, Risiken und Nebenwirkungen der von ihr empfohlenen Medikamente und Präventionsmaßnahmen beraten?
4. Bin ich von meiner Krankenkasse sachlich sowie ohne Drängen informiert worden?
5. Bin ich von meiner Krankenkasse über die Kosten informiert worden?
6. Gibt es eine schriftliche Vereinbarung zwischen meiner Krankenkasse und mir über die mir gesetzlich zustehende medizinische Versorgung aus meinen Zwangsbeiträgen?
7. Habe ich von meiner Krankenkasse eine schriftliche Entscheidungshilfe zu den Leistungen der GKV bekommen?
8. Bin ich von meiner Krankenkasse über die Rechtsmittel belehrt worden, wenn ich einmal mit den Leistungen der Krankenkasse nicht zufrieden bin?
9. Hat mich meine Krankenkasse über den Umfang und die Leistungen meines "Versicherungsvertrages" umfassend aufgeklärt?
10. Wo kann ich mein Recht gegenüber den Krankenkassen einklagen?
11. Kann ich mit einer sofortigen Kostenerstattung rechnen, wenn ich aus gesundheitlichen Gründen bei meinem Arzt medizinische Leistungen in Anspruch nehmen möchte, die nicht zum Leistungskatalog der Krankenkassen gehören, aber weltweit wissenschaftlich gesichert sind?
Wenn Sie alle Punkte mit "ja" beantworten können, dann gratuliere ich Ihnen zur Wahl Ihrer Krankenkasse.
Sollten einige Punkte mit "nein" beantwortet werden, bin ich gerne bereit, Ihnen beim Wechsel Ihrer Krankenkasse behilflich zu sein.
via (mit freundlicher Genehmigung des Autors)
Sonntag, 19. Dezember 2010
Liebesentzug, Ethikkeulen, Drohungen und Rivalitäten
Kurzes Update zu den Vorgängen in Bayern:
facharzt.de [ Auch Ersatzkassen wollen Hausarztverträge kündigen ]
Am Montag wollen dem „Münchner Merkur” zufolge sämtliche Ersatzkassen den Ausstieg aus den Hausarztverträgen verkünden.
facharzt.de [ Regierung startet Anzeigenkampagne gegen Hausärzte ]
Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) mahnte in der „Passauer Neuen Presse”: „Berufsinteressen dürfen nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden.”
Söder: Auch in einem medizinischen Versorgungszentrum werden Patienten auf hohem Niveau behandelt. Die Kliniken im ländlichen Raum stehen für eine gute medizinische Versorgung.
facharzt.de [ Bayerische Regierung schaltet "Ärzteportal" zum Ausstieg ]
"Die Bayerische Staatsregierung hat für die Hausärzte viel erreicht! In Bayern wurden flächendeckend Hausarztverträge auf hohem Vergütungsniveau abgeschlossen. Für die Verträge gibt es Rechtssicherheit bis Mitte 2014", informiert die Seite weiter: "Ein Ausstieg geht zu Lasten von Patienten und gefährdet die Existenz von Ärzten".
facharzt.de [ Scharmann: Hoppenthallers rechtswidrige Politik schadet Fachärzten ]
„Die Hausärzte der BHÄV wollen angeblich nach eigenen Aussagen trotz Ausstieges ihre Patienten weiterbehandeln. Wenn es dennoch zu einem Ansturm auf die fachärztlichen Praxen kommen wird, werden wir selbstverständlich keinen Patienten abweisen, der unserer Hilfe bedarf. Schließlich sind wir als Ärzte immer noch vornehmlich unseren Patienten verpflichtet.“ so Scharmann (ed: Scharmann ist der Vorsitzende der Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsverbände Bayern).
Da wird aber ordentlich mobil gemacht! So allmählich werden die Drohungen schärfer, der Ton flehentlicher, die Rivalitäten deutlicher. Teilweise sind das ja regionale Spezialitäten, aber auch in anderen Bundesländern, oder gar bundesweit, würde das kaum anders laufen. Bin nach wie vor gespannt, wie das ausgeht.
Mittwoch, 15. Dezember 2010
Systemausstieg in Bayern
Die Hausärzte in Bayern legen sich gerade mit der AOK an:
Gesundheit: Konflikt der AOK Bayern mit Hausärzten eskaliert - Nachrichten Print - DIE WELT - Politik - WELT ONLINE
Die AOK Bayern hat damit gedroht, den Hausärzten im Freistaat die Honorare zu kürzen oder womöglich zu streichen. Sollte der Hausärzteverband seine Mitglieder weiter auffordern, ihre Zulassung als Kassenarzt zurückzugeben, werde die AOK die Zusammenarbeit mit dem Verband beenden, meldete die Kasse. Ein "Hausarztvertrag", der den Medizinern ein höheres Honorar zusichert, ende dann am 15. Januar.
Deutsches Ärzteblatt: Nachrichten "Bayerischer Hausärzteverband macht AOK ein Friedensangebot"
Der Bayerische Hausärzteverband (BHÄV) hat der AOK Bayerns einen neuen, veränderten Vertrag für den gemeinsamen Hausärztevertrag zugeschickt. Sollte die AOK diesen annehmen, möchte der BHÄV auf seine Abstimmung für eine kollektive Rückgabe der kassenärztlichen Zulassung verzichten.
Der Antrag des Bayerischen Hausärzteverbandes (BHÄV) gegen die AOK Bayern auf unverzügliche Auszahlung von rund 38 Millionen Euro noch ausstehender hausärztlicher Vergütung für das erste Halbjahr 2010 vor dem Sozialgericht München war erfolgreich.
AOK Bayern reagiert nicht auf Hausarzt-Angebot
Die AOK Bayern hat auf das Vertragsangebot des Bayerischen Hausärzteverbandes (BHÄV) bisher nicht reagiert. Stattdessen habe die AOK angekündigt, die Schlusszahlungen für das dritte Quartal um mehr als 16 Millionen zu kürzen.
Beides zeige, dass die AOK eine Fortsetzung des Hausarztvertrages nicht wolle und die gesetzliche Bestandsklausel nur Makulatur ist, interpretiert BHÄV-Vorsitzender Dr. Wolfgang Hoppenthaller die Entwicklung.
Systemausstieg? Es bleibt beim Termin 22. Dezember
Die Hausärzte in Bayern werden "trotz massiver Angriffe, Drohungen und Einschüchterungsversuche" der Krankenkassen am 22. Dezember in Nürnberg über einen Austritt aus dem KV-System entscheiden.
Wenn ich das so lese, dann frage ich mich ernsthaft, ob kranke Kassen für Ärzte tatsächlich einen so verlässlichen Vertragspartner darstellen, wie es in der Vergangenheit von Befürwortern der 73b-Verträge vehement vertreten wurde. Ich war da schon immer etwas skeptisch.
Andererseits: es ist gut, dass die systembedingten Konflikte offen ausgetragen werden, statt sie hinter verschlossenen KV-Türen zu verschleiern.
In diesem Sinne wünsche ich den bayerischen KollegInnen viel Erfolg bei ihren Bemühungen, ärztlichen Positionen wieder mehr Gewicht zu verleihen.