Änderung der Psychotherapie-Richtlinien
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat im Juni 2006 die Psychotherapie-Richtlinien geändert. Bisher wurde eine alte, wenig differenzierte Beschreibung der Indikationen zur Anwendung von Psychotherapie verwendet. Daher wurde eine redaktionelle Aktualisierung der Beschreibung der Indikationen für die Richtlinien-Psychotherapie für sinnvoll gehalten, die sich jetzt durch die Änderung an der Terminologie des Kapitels F der International Classification of Diseases der WHO (ICD-10) orientiert. Damit ist jedoch weder eine Ausweitung noch eine Eingrenzung der bisher definierten Indikationsbereiche für Psychotherapie verbunden.
Indikationen zur Anwendung von Psychotherapie können nur sein:
Affektive Störungen: depressive Episoden, rezidivierende depressive Störungen, Dysthymie
Angststörungen und Zwangsstörungen
Somatoforme Störungen einschließlich Konversionsstörungen
Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
Essstörungen
Nichtorganische Schlafstörungen
Sexuelle Funktionsstörungen
Persönlichkeitsstörungen und Verhaltensstörungen
Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend
Im Rahmen der medizinischen Rehabilitation kann Psychotherapie angewandt werden, wenn psychodynamische bzw. lerntheoretische Faktoren wesentlich Anteil an einer seelischen Behinderung oder an deren Auswirkungen haben und mit ihrer Hilfe eine Eingliederung in Arbeit, Beruf und/oder Gesellschaft möglichst auf Dauer erreicht werden kann.
Indikationen hierfür können nur sein:
Abhängigkeit von Alkohol, Drogen oder Medikamenten nach vorangegangener Entgiftungsbehandlung
Seelische Behinderung aufgrund frühkindlicher emotionaler Mangelzustände oder tiefgreifender Entwicklungsstörungen, in Ausnahmefällen seelische Behinderungen, die im Zusammenhang mit frühkindlichen körperlichen Schädigungen und/oder Missbildungen stehen
Seelische Behinderung als Folge schwerer chronischer Krankheitsverläufe, sofern sie einen Ansatz für die Anwendung von Psychotherapie bietet
Seelische Behinderung als Folge psychotischer Erkrankungen, die einen Ansatz für spezifische psychotherapeutische Intervention erkennen lassen
::: Deutsches Ärzteblatt 103, Ausgabe 41 vom 13.10.2006, Seite A-2742
Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat den Beschluss des Gemeinsamen Bundesauschusses (G-BA) über eine Änderung der Psychotherapie-Richtlinien vom 20. Juni beanstandet. Er kann somit nicht in Kraft treten. Das BMG kritisiert es als „nicht verhältnismäßig“, dass der G-BA als Schwellenkriterium für die Zulassung neuer Psychotherapieverfahren den Nutzennachweis für mindestens die drei häufigsten psychischen Erkrankungen gefordert hat.
::: Deutsches Ärzteblatt 103, Ausgabe 36 vom 08.09.2006, Seite A-2272
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