Skip to content

Sarrazin! Warm anziehen!

Die Energiepreise steigen. Manche orakeln, im nächsten Winter würden die Leute reihenweise erfrieren. Das dürfte eine populistische Übertreibung sein, aber was der wohlsituierte Herr Sarrazin (SPD) da so von sich gibt, das ist schon unter aller Sau:

"Wenn die Energiekosten so hoch sind wie die Mieten, werden sich die Menschen überlegen, ob sie mit einem dicken Pullover nicht auch bei 15 oder 16 Grad Zimmertemperatur vernünftig leben können."

Inhaltlich mag er ja ein bischen Recht haben. Zumal die staatlichen Einflussmöglichkeiten auf die Energiepreise dank staatlich betriebener Privatisierung der Energieversorgung eingeschränkt sein dürften. Formal ist seine Äußerung jedenfalls indiskutabel. Als wirtschaftlich mehrfach abgesicherter Staatsdiener zeugen seine Worte weder von Einfühlungsvermögen, noch von Mitgefühl. Eher von einer sozialen Kompetenz nahe eben jener Zimmertemperatur.

Der Mann sollte sich mal Rechenschaft darüber ablegen, wer ihn eigentlich bezahlt.

Andererseits: er soll ja ganz gut stricken können. Wir sollten ihn beim Wort nehmen und Pullover bei ihm bestellen.

Nach den Sommerferien: BSNR und LANR

Nach den Sommerferien durfte ich nicht nur einen jähen Temperatursturz von 30 Grad und den anschließenden, steilen Temperaturanstieg um 20 Grad verkraften, sondern auch die schweißtreibende Umstellung auf die neuen, lebenslänglichen Arztnummern und die Betriebsstättennummern.

Mittlerweile bezeichne ich diesen bürokratischen Dummfug nicht mehr nur als gezielten Angriff auf die Patientenversorgung, sondern sogar als akut gesundheitsgefährdend.

Als erstes verlangte meine Praxisverwaltungssoftware ultimativ nach meiner neuen BSNR und verweigerte zunächst den Dienst. Das war leicht: den Brief der KVNo aus dem meterdicken Stapel Post (zum Thema Post später mehr) heraussuchen und die Nummer eintippen. Dabei handelte es sich um meine alte KV-Nummer plus zwei Nullen - jetzt also 9 statt 7 Byte bei gleichbleibendem Informationsgehalt, oder, anders ausgedrückt, eine Erhöhung des allgemeinen Rauschens um 30%.

Dann musste ich ein Lizenzierungsformular ausdrucken (Medienbruch!) und an meinen Provider faxen. Meine neue BSNR stand schon drin, die LANR fehlte aber noch. Die habe ich händisch nachgetragen (nochmals neun Zufallsziffern) und das Ding rausgefaxt. Das meterdicke Handbuch enthüllte dann etwas zögerlich die Stelle im Programm, an der ich meine LANR eintippen konnte, und ich dachte: das war's also.

Falsch gedacht. Einen Tag später rief mein Provider an und meinte, die LANR sei ja nur handschriftlich eingetragen und das ginge so nicht. Ich müsse das nochmal ausdrucken und faxen. Seufz.

Dann kamen Patienten mit Überweisungen von ihren HausärztInnen. Da müssen die Nummern auch übertragen werden (könnte ja sonst jeder eine Überweisung ausstellen). Das mit den BSNR war noch leicht: die zwei Nullen am Ende konnte mein Programm selbständig auffüllen. Aber die LANR. Die darf ich dann wieder händisch eintippen.

Mal ehrlich: im Zeitalter moderner IT, Telematik, Telemekel und Teleminchen muss ich eigenhändig neunstellige Ziffern abtippen? Wozu gibt es eigentlich Datenbanken und online-updates?

Wenn Sie sich fragen, warum Sie so verdammt lange auf einen Termin warten müssen: jetzt wissen Sie es.

Ich tippe Zahlenkolonnen ab.

Das ist politisch gewollt. Beschweren Sie sich bei der Patientenbeauftragten, wenn Ihnen das nicht passt!

Soll ich auch Ihre Krankenakte frei zugänglich machen?

Da fehlen mir (fast) die Worte:

Seit Montag archiviert und präsentiert das Berliner Landesarchiv Patientenakten von etwa 100.000 psychisch Kranken, die in der Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik des Vivantes-Konzerns in Reinickendorf behandelt wurden.

Das Landesarchiv behauptet, die Veröffentlichung der Krankenakten sei rechtmäßig.  Auch die Senatsgesundheitsverwaltung sieht kein Problem in der Veröffentlichung der Krankengeschichten. „Aus Sicht des Datenschutzes ist alles korrekt.“ Die psychiatrischen Krankenakten seien außerdem „wichtige Dokumente der Zeitgeschichte und mitunter für Teile der Öffentlichkeit interessant“.

Archivgesetz bricht Schweigepflicht. Ja, wenn das so ist.

Ich fange morgen an, meine Aufzeichnungen im Volltext hier ins Blog zu stellen. Sind alles zeitgeschichtliche Dokumente und bestimmt für Teile der Öffentlichkeit interessant. Gegen geringes Entgelt könnte ich mich aber auch bereit erklären, Ihre Daten wieder vom Server zu nehmen ;-)