Der Bundestag hat die Pflegereform "abgesegnet". Dadurch wird die ambulante Versorgung gestärkt, wohnortnah besser aufeinander abgestimmt und vernetzt. So genannte Fallmanager kümmern sich gezielt um die Unterstützung des Einzelnen und seiner Angehörigen. Qualität verbessert sich durch Transparenz und besseres Management. Sagt die Bundesregierung (pdf).
Tatsächlich können Demenzkranke jetzt mehr Unterstützung beantragen. Mehr Management heisst aber auch: mehr Geld für die Verwaltung, statt für die eigentliche Pflege. Und Geld ist bekanntlich knapp.
Ist Ihnen sonst noch etwas aufgefallen? Nein? Kein Wunder. Heimlich, still und leise wurde nämlich ein Anhang, ohne Verbindung zur egentlichen Pflegereform, ebenfalls abgesegnet. Böswillige Ärzte bezeichnen diesen Anhang auch als "Petzparagraphen". Warum:
Es wird eine Meldepflicht für Ärzte (§ 294a, Abs. 2 SGB V) eingeführt, die Fälle von missglückten Schönheitsoperationen oder Folgeerkrankungen bei Piercing behandeln. Ärzte sollen zukünftig die gesetzliche Verpflichtung haben, diese Fälle den Krankenkassen zu melden.
In der Gesetzesänderung heißt es wörtlich: "Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass Versicherte sich eine Krankheit vorsätzlich oder bei einem von ihnen begangenen Verbrechen oder vorsätzlichen Vergehen oder durch eine medizinisch nicht indizierte ästhetische Operation, eine Tätowierung oder ein Piercing zugezogen haben (§ 52), sind die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sowie die Krankenhäuser nach § 108 verpflichtet, den Krankenkassen die erforderlichen Daten mitzuteilen. Die Versicherten sind über den Grund der Meldung nach Satz 1 und die gemeldeten Daten zu informieren.“
Facharzt.de 14.3.2008
Schöne Bescherung für das Arzt-Patienten-Verhältnis. Und für die daran gebundene, ärztliche Schweigepflicht (§ 203 StGB).
Dieser Vorgang wirft allerdings ein weiteres, schlechtes Licht auf die hierzulande offensichtlich übliche, politische Praxis. Transparenz? Unerwünscht.
Das reicht aber noch nicht. Die Liste muss erweitert werden, meint ein Kollege spöttisch. So zum Beispiel:
- Pneumonie nach Tragen eines zu dünnen Leibchens: anzeigen!
- Fußpilz nach Tragen von Schuhen mit Gummisohlen: anzeigen!
- Platzwunde nach Sturz in Verbindung mit Bier: anzeigen!
- Schenkelhalsfraktur bei Spaziergang trotz Glatteiswarnung: anzeigen!
- Urethritis nach selbst herbeigeführtem Geschlechtsverkehr mit zweifelhaften Personen: anzeigen!
- Penisfraktur nach inadäquat heftigen Ehestandsbewegungen: anzeigen!
Im ethischen Sinn wird allgemein von Denunziation gesprochen, wenn in einem nicht freiheitlichen System Menschen bei staatlichen Vollzugsbehörden angezeigt werden, obwohl dem Anzeigenden klar sein muss, dass er sie damit der Gefahr der politisch motivierten Verfolgung aussetzt.
Das nimmt langsam Formen an... was sagen Sie dazu?