US-amerikanische Psychiater prüften im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie (22 890 Patienten), ob sich die Mortalitätsrisiken älterer Patienten bei Therapie mit konventionellen und atypischen Antipsychotika unterscheiden.
Die Behandlung mit konventionellen Antipsychotika geht im Vergleich zu atypischen Antipsychotika mit einer höheren Sterbewahrscheinlichkeit älterer Menschen einher
Unter Berücksichtigung weiterer Einflussfaktoren wurden die Mortalitätsraten in den beiden Gruppen ausgewertet und das Sterblichkeitsrisiko für verschiedene Zeiträume verglichen.
In den ersten 180 Behandlungstagen starben 17,9% der Patienten unter konventionellen und 14,6% unter atypischen Antipsychotika (p < 0,001). Erstere gingen in allen untersuchten Therapiezeiträumen mit einem signifikant höheren adjustierten Sterblichkeitsrisiko einher als die Therapie mit atypischen Antipsychotika.
Der größte Risikoanstieg erfolgte dabei kurz nach Behandlungsbeginn und bei höheren Dosen der konventionellen Antipsychotika. Unter 100 mit konventionellen statt mit atypischen Antipsychotika behandelten Patienten kam es zu durchschnittlich sieben zusätzlichen Sterbefällen.
Nach diesen Ergebnissen geht die Behandlung mit konventionellen Antipsychotika im Vergleich zu atypischen Antipsychotika mit einer höheren Sterbewahrscheinlichkeit älterer Menschen einher. Sie ist somit zumindest unter den Atypika als Gruppe nicht größer, so die Autoren. Sollten sich diese Resultate in weiteren Untersuchungen bestätigen, erscheint eine Empfehlung nicht sinnvoll, ältere Patienten von atypischen auf konventionelle Antipsychotika umzustellen.
:: Wang PS et al.: Risk of death in elderly users of conventional vs. atypical antipsychotic medications.
NEnglJMed 353(2005) 2335-2341
Samstag, 21. Oktober 2006
Risiken antipsychotischer Behandlung bei älteren Menschen
Freitag, 20. Oktober 2006
Nebenwirkungen moderner Neuroleptika
Atypische Neuroleptika können körperliche Nebenwirkungen verursachen. Eine aktuelle Untersuchung gibt einen Überblick über relevante metabolische, endokrinologische, hämatologische und kardiovaskuläre Wirkungen.
Trotz erheblicher Unterschiede in den Nebenwirkungsprofilen, können insbesondere die metabolischen Risiken derzeit noch nicht abschließend beurteilt werden. Ein Routine-Monitoring wird vorgeschlagen.
Agelink, M et al: Allgemeinmedizinische Aspekte der Therapie mit Antipsychotika der zweiten Generation
Deutsches Ärzteblatt 103, Ausgabe 42 vom 20.10.2006, Seite A-2802
Mittwoch, 7. Juni 2006
Atypische Antipsychotika in der Demenzbehandlung
In den vergangenen Jahren wurde wiederholt ein erhöhtes Sterberisiko bei Einsatz verschiedener Neuroleptika zur Behandlung der Demenz diskutiert. In einer Übersichtsarbeit wurden 15 Studien dazu ausgewertet.
Bei 3353 Patienten fanden sich 118 Todesfälle unter Atypika und 40 unter Placebo. Das entspricht einer Risikoerhöhung um den Faktor 1,54. Auch für Haloperidol ergibt sich eine ähnliche Risikoerhöhung.
Bei Einsatz von Neuroleptika sollte daher in den ersten Wochen eine Nutzen-Risiko-Bewertung auch unter Einschub eines Auslassversuches erfolgen, zumal sich Verhaltensauffälligkeiten auch unter Placebogabe verbunden mit Zuwendung verringerten.
Schneider LS et al: Risk of death with atypical antipsychotic drug treatment for dementia: meta-analysis of randomized placebo-controlled trials.
JAMA. 2005 Oct 19;294(15):1934-43
Keine erhöhte Suizidrate unter Antidepressiva
Mit einer Datenbankrecherche bei einer großen amerikanischen Versicherung wurden Daten zu Medikamentenverschreibungen, schweren Suizidversuchen und vollendeten Suiziden von 1992 bis 2002 in einer Bevölkerung von 500.000 Menschen erhoben.
Bei 65.000 Patienten wurden 82.000 depressive Episoden medikamentös behandelt. Einer von 3.000 Patienten starb innerhalb der ersten 6 Monate durch Suizid. Am häufigsten waren Suizidversuche im Monat vor Beginn der medikamentösen Behandlung. Die Rate halbierte sich im ersten Monat der Behandlung und ging im Verlauf weiter zurück. Nur bei den älteren Medikamenten zeigte sich ein Anstieg der Suizidversuche nach Therapiebeginn. Die Untersuchung ergab keine Hinweise auf ein erhöhtes Suizidrisiko nach Beginn der Behandlung mit neueren Substanzen.
Simon G et al: Suicide risk during antidepressant treatment.
Am J Psychiatry. 2006 Jan;163(1):41-7
Sexuelle Funktionsstörungen unter Antidepressiva
14-63% der unbehandelten und 13-45% der medikamentös behandelten depressiven Patienten leiden unter einem beeinträchtigten Sexualleben.
Höchstes Risiko:
SSRI, Clomipramin, Venlafaxin
Hohes Risiko:
MAO-Hemmer (ausser Moclobemid)
Mittleres Risiko:
Trizyklische Antidepressiva
Niedriges Risiko:
Mirtazapin, Mianserin
Sehr niedriges Risiko:
Reboxetin, Moclobemid
Gitlin M: Sexual dysfunction with psychotropic drugs.
Expert Opin Pharmacother. 2003 Dec;4(12):2259-69
Freitag, 10. Februar 2006
Auswirkungen von Antidepressiva auf Ungeborene
Entzugserscheinungen und Anomalien im Atmungsbereich häufiger
Vorgeburtlicher Kontakt mit bestimmten Antidepressiva scheint das Risiko Neugeborener für Entzugserscheinungen und Anomalien im Atmungsbereich zu erhöhen. Zu diesem Ergebnis sind zwei neue Studien gekommen. Der Einsatz von selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI) bei schwangeren Frauen erhöhte laut einer Studie der University of California das Risiko einer pulmonalen Hypertonie bei Neugeborenen um 600 Prozent. Die Wirkung dieser Antidepressiva beruht auf der Erhöhung der Verfügbarkeit des chemischen Botenstoffes Serotonin im Körper.
Die Studie des Schneider Children's Medical Center of Israel hat nachgewiesen, dass fast ein Drittel der Kinder, deren Mütter SSRI eingenommen hatten, kurz nach der Geburt Entzugserscheinungen wie ein Weinen in hoher Tonlage, Zittern, Probleme im Magen-Darm-Bereich und Schlafstörungen aufwiesen. 13 Prozent der 60 Neugeborenen, die mit diesen Antidepressiva in Kontakt gekommen waren, zeigten schwere Entzugserscheinungen. Die Ergebnisse der Studie wurden in dem Fachmagazin Archives of Pediatrics & Adolescent Medicine veröffentlicht.
Pressetext.de 9.2.2006
Mehr darüber im Deutschen Ärzteblatt 9.2.2006
Selective serotonin-reuptake inhibitors and risk of persistent pulmonary hypertension of the newborn
N Engl J Med. 2006 Feb 9;354(6):579-87.
Sonntag, 5. Dezember 2004
Todesfälle unter Antidepressiva
Unter trizyklischen Antidepressiva (TZA) sind Todesfälle häufiger als unter Serotonin-Antagonisten (SSRI). Einer britischen Studie zufolge sind Menschen mit Drogenanamnese besonders gefährdet; 80% aller Todesfälle unter Antidepressiva sind Suizide.
Unter TZA traten 12 Todesfälle auf eine Million Verordnungen auf, bei den SSRI waren es 2. Dabei spielten Begleitmedikation (SSRI+TZA in 24,5% der Fälle) oder zusätzlicher Drogenkonsum eine bedeutende Rolle (in 93% der Fälle).
TZA haben eine starke Wirkung auf den Herzrhythmus, so dass das Risiko für schwere Herzrhythmusstörungen erhöht ist. Dieses Risiko besteht für SSRI nicht, allerdings sollte bei einer Augmentation von SSRI mit TZA die Wechselwirkung über das Cytochrom-P-450-System beachtet werden.
Quelle und Abstract:
Antidepressant-related deaths and antidepressant prescriptions in England and Wales, 1998-2000.
Cheeta S et al: Br J Psychiatry. 2004 Jan;184:41-7
Montag, 14. Juni 2004
Neuroleptika, Prolaktin und Osteoporose
Das gehäufte Auftreten von Osteoporose bei schizophren Erkrankten könnte auf die Erhöhung des Serum-Prolaktinspiegels durch einige Neuroleptika zurückzuführen sein. In Großbritannien wurde dazu eine Untersuchung veröffentlicht.
Bei 55 Patienten, die seit mehr als 10 Jahren Medikamente mit Prolaktin-erhöhender Wirkung erhalten hatten, wurde die Knochendichte gemessen. Gleichzeitig wurden der Prolaktinspiegel und die Geschlechtshormone bestimmt. Mit dem Alter zunehmende Minderungen der Knochendichte fanden sich bei 17 (57%) der männlichen und bei 8 (32%) der weiblichen Patienten. Höhere Dosierungen der Medikamente waren mit höheren Prolaktinspiegeln und mit geringerer Knochendichte verbunden, bei Männern verringerte sich der Testosteronspiegel mit steigender Medikamentendosis. Die Autoren folgern daraus, daß schizophren Erkrankte, die langfristig Prolaktin-erhöhende Medikamente nehmen, ein erhöhtes Osteoporose-Risiko haben.
Meaney AM, et al: Effects of long-term prolactin-raising antipsychotic medication on bone mineral density in patients with schizophrenia.
Br J Psychiatry. 2004 Jun;184(6):503-508
Abstract
Dienstag, 1. Juni 2004
Atypische Neuroleptika in Schwangerschaft und Stillzeit
Eine italienische Übersichtsarbeit untersucht die seit 1993 verfügbare Literatur zur Frage, ob atypische Neuroleptika in Schwangerschaft und Stillzeit sicher sind. Teilweise liegen noch keine verlässlichen Daten vor.
Olanzapin und Clozapin erhöhen offensichtlich während der Schwangerschaft das Risiko von Mißbildungen nicht.
Dem gegenüber ist das Wissen über Quetiapin, Risperidon, Aripiprazol und Ziprasidon begrenzt.
Unerwünschte, ernste Auswirkungen auf Mutter und Kind sind bei der Anwendung von Atypika nicht auszuschließen. In mehreren Studien wird angenommen, dass die Anwendung von Atypika während der Schwangerschaft ein erhöhtes Diabetesrisiko mit sich bringt.
Langzeitwirkungen auf die neuronale Entwicklung Neugeborener nach Medikamenteneinwirkung über Plazenta und Muttermilch sind lediglich in sporadischen Fallberichten dokumentiert.
Die möglichen Auswirkungen einer unbehandelten psychotischen Episode können schwerwiegend sein, Suzidversuche der Mutter und/oder Kindstod können die Folge sein. Daher müssen die Risiken der Medikamenteneinnahme für das Ungeborene und das Neugeborene gegen die Risiken für Mutter und Kind, bei unbehandelter Erkrankung, abgewogen werden.
Letztlich haben Atypika gegenüber typischen Neuroleptika keinen eindeutigen Sicherheitsvorteil während Schwangerschaft und Stillzeit.
Die Autoren empfehlen, drei Gesichtspunkte zu berücksichtigen:
1. Nutzen und Risiken für das Kind sollten bei Medikamenteneinnahme während Schwangerschaft und Stillzeit sorgfältig abgewogen werden.
2. Der Schweregrad der mütterlichen Erkrankung soll berücksichtigt werden
3. Es sollten Medikamente mit ausgewogenem Verhältnis zwischen Nutzen und Risiken ausgewählt werden.
Gentile S.: Klinischer Gebrauch atypischer Neuroleptika in Schwangerschaft und Stillzeit. Ann Pharmacother. 2004 May 18