Als Folge des Kostendämpfungsdrucks, den vor allem die Vertragsärzte zu spüren bekommen, sind Kassenpatienten im Vergleich zu Privatpatienten und auch im internationalen Vergleich unterversorgt. Vor allem Kassenpatienten müssen damit rechnen, daß sie nicht in jedem Fall die medikamentöse Therapie erhalten, die nach dem Stand der medizinischen Erkenntnis möglich wäre. Ursächlich hierfür ist der seit Jahren anhaltende Kosten- und Regreßdruck auf die Vertragsärzte.
Auf der Basis wissenschaftlicher Leitlinien und der Prävalenz von elf Krankheiten ist in der Studie des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) der Versuch unternommen worden, einen Soll-Ist-Vergleich anzustellen und die bislang verdeckte Rationierung transparent zu machen. Danach sind beispielsweise 87 Prozent aller Demenz-Patienten mit Arzneimitteln unterversorgt; bei Menschen mit Schizophrenie sind es bis zu 57 Prozent.
Die VFA-Studie bestätigt die These der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dass eine Lücke zwischen modernem Therapiestandard und Versorgungsrealität klafft: bereits vor einigen Monaten wurde ein Finanzbedarf von rund sechs Milliarden Euro beziffert.
Ganz anders die Autoren des "Arzneiverordnungs-Reports 2004", die ein theoretisches Sparpotential von 4,45 Milliarden Euro errechnen und empfehlen, die Arzneibudgets wieder einzuführen (... die sind nie wirklich abgeschafft worden).
Quellen:
Unterversorgung durch Kostendämpfung
Ein dramatisches Ausmaß an Unterversorgung
Aus Ärztesicht "befremdliche Berechnungen"
Donnerstag, 28. Oktober 2004
Unterversorgung
Die Kohle wird knapp
Der größter Schuldner ist laut KV die BKK für Heilberufe: Sie steht bei der KV mit mehr als 22 Millionen Euro in der Kreide. Die anderen Kassen sind die BKKen Krupp, Gemeinsame Köln, Steuerberater, Zollern-Alb und TUI. Der KV-Vorsitzende betonte, dass die Ärzte die Patienten der betreffenden BKKen trotz der Zahlungsrückstände weiterbehandeln.
Dem widersprach die ktpBKK: eine BKK Krupp existiere nicht mehr. Die ktpBKK sei aus der Fusion der KarstadtQuelle BKK und der BKK Krupp Thyssen Partner entstanden - und sie schulde der KV kein Geld.
Quellen:
Ärzteblatt 18. Oktober 2004
Ärzteblatt 20. Oktober 2004
Mittwoch, 6. Oktober 2004
Geprüfte Ärzte
2005 treten zunächst neue Richtlinien zur Prüfung der Kassenabrechnungen in Kraft, und Prüfverfahren erreichen ein bislang noch nicht gekanntes Ausmaß.
Nach der Vorgabe im GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) haben Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Spitzenverbände der Krankenkassen neue Richtlinien zum Inhalt und zur Abwicklung der Abrechnungsprüfung beschlossen.
Die Prüfungen werden bundesweit einheitlich durchgeführt. Die KV muss auch in Zukunft überprüfen, ob die Leistungen überhaupt abgerechnet werden dürfen: Wurde die Leistung vollständig erbracht? Wurde sie unzulässigerweise delegiert? Ist sie fachfremd?
Neu werden bundeseinheitliche Zeitprofile vorgegeben. Auffällig rechnet ab, wer die Grenze von 12 Stunden pro Tag an mehr als drei Tagen im Quartal oder 780 Stunden im Quartal überschreitet. Dann stehen ergänzende Prüfungen an.
In Praxisgemeinschaften muß die Notwendigkeit der gleichzeitigen Behandlung von Patienten durch mehrere Ärzte lückenlos dokumentiert werden. In medizinischen Versorgungszentren erstreckt sich die Plausibilitätsprüfung auch auf die Einhaltung der genehmigten Arbeitszeiten von angestellten Ärzten.
Neu sind sehr weitreichende Prüfrechte der Kassen: Die Abrechnung wird daraufhin durchleuchtet, ob eine Leistungspflicht der Kasse besteht (zum Beispiel bei Chipkartenmissbrauch oder gewählter Kostenerstattung) und einer Überprüfung der Zuzahlungen einschließlich der damit im Zusammenhang stehenden Verfahren.
Zusätzlich sind die Kassen berechtigt, angegebene Diagnosen zu prüfen, Art und Umfang der abgerechneten Leistungen bei Diagnosen, für die es evidenzbasierte Leitlinien gibt, unter Berücksichtigung des Fachgebiets zu untersuchen und eine quartalsübergreifende Plausibilitätskontrolle der Diagnosendokumentation vorzunehmen (hier kommen die Patientendaten ins Spiel).
Ebenfalls dazu gehören Prüfungen der Plausibilität (dafür gibt es sogar eigene Plausibilitätskommissionen) von Art, Häufigkeit und Struktur der Leistungen sowie der Diagnosendokumentation bezogen auf das Gebiet, in dem der Vertragsarzt zur Versorgung zugelassen ist. Schließlich kann die Krankenkasse auch die Plausibilität der angegebenen Diagnosen durch Vergleich mit Arzneimittelverordnungen prüfen.
Kassen können jederzeit weitere Prüfungen beantragen. Die Neuregelungen des GMG beschränken also über die Regelleistungsvolumina nicht nur das Abrechnungspotential, sondern unterwerfen auch die gesamte Abrechnung des Vertragsarztes (und das Verhalten ihrer Mitglieder) einer lückenlosen Kontrolle.
Aus der Ärzte Zeitung, 29.09.2004