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Wahnsinnswoche 2018:11

In dieser Woche 157 Patientenkontakte und 13 Terminausfälle. Vor Mitte Mai sind leider keine Termine mehr frei.


Jens Spahn (CDU), der neue Gesundheitsminister, hat sein Einfühlungsvermögen und seine Fähigkeit zur Anteilnahme schon eindrucksvoll unter Beweis stellen können: "Niemand müsste in Deutschland hungern, wenn es die Tafeln nicht gäbe." Auch, wenn er faktisch in Teilbereichen Recht hat - die gesetzliche Grundsicherung wird tatsächlich mit großem Aufwand genau bemessen und regelmäßig angepasst (alle fünf Jahre) - erscheint sein Auftritt in seiner neuen Position ein wenig geschmacklos.

Jetzt hat der Gesundheitsminister in einem Berliner Restaurant den Beweis geliefert, dass eine Person von einem Hartz-IV-Regelsatz für Alleinstehende sehr wohl ohne Probleme satt werden kann.


CDU-Politiker Erwin Rüddel wirbt auf Twitter für mehr positive Berichte aus der Pflege. Die Pfleger antworten mit erschütternden Anekdoten aus ihrem Arbeitsalltag.


In einer App zur Dokumentation von Rettungsdiensteinsätzen wurde ein fatales Datenleck entdeckt, durch das unter anderem der Zugriff auf sensible Patientendaten möglich war.


Eine US-Firma plant für die kommenden Jahre eine ganz besondere Dienstleistung: Sie verspricht, Hirne so genau konservieren zu können, dass sie sich eines Tages auf einem Computer simulieren lassen.


Ein wegen Krankheit arbeitsunfähiger Beschäftigter hat in der Regel auch dann einen Anspruch auf Zahlung von Krankengeld durch seinen gesetzlichen Krankenversicherer, wenn er mit Duldung seines Arztes ins Ausland reist, um einen Erholungsurlaub anzutreten.

FAQ zum Krankengeld.


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Wahnsinnswoche 2016:38

In dieser Woche 132 Patientenkontakte und 5 Terminausfälle. Regelleistungsvolumen ist voll: diese und nächste Woche arbeite ich nur noch ehrenamtlich.


Auslassversuch nach mehr als 10 Jahren Depotmedikation? Meinetwegen, aber Vorsicht: auch wenn es sich so anfühlt, als bräuchten Sie das Zeug nicht mehr - "Mir geht's doch ganz gut und die Dämonen sind immer noch da!" - das kann ins Auge gehen. Vor allem, wenn Sie dann ein halbes Jahr später plötzlich anfangen, rituelle Feuer auf ihrem Wohnzimmertisch zu entfachen. Wäre besser gewesen, wenn Sie meinem Vorschlag, doch wieder mit dem Depot anzufangen, gefolgt wären. Dann hätte es wohl kein PsychKG gegeben...


Nein: außerhalb der offenen Sprechstunden können Sie NICHT ohne Termin in die Praxis kommen. Entweder bin ich unterwegs, oder ich habe bereits andere Verpflichtungen.


Captain Obvious: "Ihre Stressreaktion kann ihre Gesundheit langfristig beeinflussen." (Zehn-Jahres-Studie aus Frankreich). Als Anfänger könnten Sie sich eine App besorgen, um sich wieder zu beruhigen. Oder einfach abschalten. SSRI wirken nämlich nicht so gut, wenn Sie dauernd im Stress sind, oder wenn Sie einen attraktiven Job mit hohem Ansehen haben (vielleicht mit viel Stress???). Oder wenn Sie arbeitslos sind. Mann. Das ist vielleicht kompliziert...


Ist die Behandlung von Depressionen einen Euro am Tag wert?


Einige Krankenkassen versuchen, ihre Mitglieder (auf dem Papier) kränker zu machen, als sie eigentlich sind, um dafür Millionen aus dem Risikostrukturausgleich zu kassieren. Heißt "upcoding" und soll knapp eine Milliarde kosten.


Depressiv? Machen Sie Sport. Gehen Sie aus. Besuchen Sie Ihre Familie. Duschen Sie regelmäßig. Erledigen Sie Ihren Haushalt. Wie, das können Sie nicht? Weil Sie ja depressiv sind? Erm... das nennt sich behavioural activation, kurz BA (nein, nicht dieser BA). Wird wohl zurzeit als billige Alternative zur kognitiven Verhaltenstherapie angepriesen, wirkt aber nicht besser als Homöopathie (nein, Homöopathie wirkt auch nicht).


Immer wieder lieb (und teuer): mit der Praxissoftware auf neue Hardware umziehen. Nächtlicher Spaß am Gerät, das im Auslieferungszustand eine alte Betriebssystemversion mitbringt. Die sich nicht updaten lässt. Nach längerem Grübeln: da war doch mal was, neues Updateverfahren oder so. Ging dann mit offline-update.

Next step: wo war nochmal die DVD mit den Office-Programmen? Gibt's als Download. 80% der Einstellungen mit MOBackup übertragen, 20% in Handarbeit und Nachtschicht. Praxissoftware rüberkopieren - läuft. Bis auf die Druckereinstellungen... händisch eingetragen für jedes Formular. Archivsoftware installiert und rüberkopiert - Daten nicht gefunden. Nach längerem Grübeln: die Installationsroutine hat das Verzeichnis verbogen. Korrekt nachinstalliert.

Zuletzt: Faxhardware und -software einrichten. Die Fritzbox soll das können: FritzFax4Fritzbox installiert - läuft. Kommt bloß nix bei der Gegenstelle an... wieder runter damit, alte FritzUSB angehängt. Wird nicht erkannt. Nach längerem Grübeln: bei der Installation händisch AVM Fritz!X USB installieren, CAPI-Treiber installieren, FritzFax installieren (wo war nochmal die Original-CD?). Läuft jetzt.


Absacker zum Feierabend: üble Stimmungsmache gegen Ärzte. Kontext: [1] [2] [3] [4]

Macht Lithium lichtempfindlich?

Wohl nicht (anders als zum Beispiel Johanniskraut):

Effect of chronic lithium on sensitivity to light in male and female bipolar patients
Does Lithium carbonate cause Photosensitivity reaction? A study by eHealthMe.com

Hitze stellt allerdings ein mögliches Problem dar: Wasserverlust durch Schwitzen kann zum Ansteigen des Lithiumspiegels bis in toxische Bereiche führen. Daher bei Hitze ausreichend trinken und Vorsicht in der Sauna.

Sind Neuroleptika neurotoxisch?

Eine aktuelle Studie legt diesen Schluss nahe:

Greater intensity of antipsychotic treatment was associated with indicators of generalized and specific brain tissue reduction.

Oder, auf Deutsch:

Man muss einstweilen vermuten, dass Antipsychotika zwar Positivsymptome unterdrücken, aber die Stimulation anderer Hirnteile, insbesondere des Frontallappens, reduzieren, was strukturell mit einer Volumenminderung einhergeht. Funktionell bedeutet dies aller Wahrscheinlichkeit nach eine Vermehrung von Negativsymptomatik und kognitiven Defiziten, was mit klinischen Erfahrungen korespondiert. Die Autoren empfehlen, solange keine besseren Medikamente verfügbar sind, mit der Dosierung sehr vorsichtig umzugehen und die jeweils niedrigst mögliche Dosis zu verwenden.

Sind Neuroleptika neurotoxisch?
Psychiat Prax 2011; 38(06): 309-310

Schlafstörungen

Gibt es nicht mehr. Das heisst jetzt: nichterholsamer Schlaf! Gleichwohl leiden etwa 25% der Bevölkerung zumindest vorübergehend daran.

In psychiatrischen Praxen wird häufig über Ein- und Durchschlafstörungen oder über frühmorgendliches Erwachen mit entsprechenden Auswirkungen auf die Tagesbefindlichkeit geklagt, denn bei den meisten psychischen Erkrankungen ist der Nachtschlaf gestört. Umgekehrt können Schlafstörungen zu psychischen Erkrankungen (Depression, Sucht) führen.

Die Leitlinie „Nichterholsamer Schlaf“ der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin soll helfen, den Umgang mit schlafgestörten Patienten zu erleichtern.

Am Anfang steht die Aufklärung über Schlaf-Wach-Rhythmik, Schlafbedürfnis und Schlaffähigkeit.

Das Bedürfnis nach Schlaf und die Schlaffähigkeit etwa variieren bei Gesunden zwischen 4 und 10 Stunden. Mit zunehmendem Alter werden die Tiefschlafanteile seltener, der Schlaf wird als leichter und störanfälliger empfunden. Manchmal besteht die unrealistische Erwartung, mit 80 Jahren noch 8 Stunden durchgehend und ungestört schlafen zu wollen. Solche und ähnliche Annahmen über "richtigen" Schlaf müssen korrigiert werden.

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Behinderung, Ausweis und Nachteilsausgleich

Die nachstehenden Stichworte sind zwei Broschüren des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe von August 2005 entnommen: „Behinderung und Ausweis“ (pdf, 17.1 M) und „Nachteilsausgleiche“ (pdf, 1 M). Die Broschüren bekommen Sie auch beim örtlichen Versorgungsamt. Die folgenden Angaben sind ohne Gewähr und ersetzen keine individuelle Beratung!

Behinderung

Menschen gelten als behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Normale Alterserscheinungen und vorübergehende Erkrankungen werden nicht als Behinderung anerkannt.

Die Feststellung einer Behinderung muss formlos beim örtlichen Versorgungsamt beantragt werden. Dabei kommt es auf die Auswirkung der Beeinträchtigungen an, die durch eine Gesundheitsstörung verursacht werden.

Auch der Arzt sollte in seiner Antwort an das Versorgungsamt nicht nur auf die Diagnose der Gesundheitsstörung eingehen, sondern die Auswirkungen beschreiben. Dummerweise zahlt ihm das Versorgungsamt gerade mal für die Mitteilung einer Diagnose…

Der Grad der Behinderung (GdB) wird nach Zehnergraden von 20 bis 100 festgestellt. Der Begriff „GdB“ bezieht sich auf die Auswirkung einer Behinderung in allen Lebensbereichen und nicht nur auf Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben.

Die Angabe des GdB erfolgt nach den vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung 2008 neu herausgegebenen „Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz“ (AHP; pdf, 4.7 M). Also nicht ganz unvoreingenommen…

Wenn ein GdB von mindestens 50 festgestellt wurde, bekommt man einen Ausweis. Bei einem GdB von 30 oder 40 kann der Feststellungsbescheid auch dem Arbeitsamt vorgelegt werden, wenn eine Gleichstellung beantragt werden soll.

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Kann psychiater besser mit Kasse abrechnen, wenn er Medikamente verschreibt?

Interessante Frage (kam gerade über google herein).

Die Antwort: Kann er nicht. "Medikamente verschreiben" und "mit Kasse abrechnen" sind unverbundene Variablen. Für "Medikamente verschreiben" gibt es von der Kasse kein Geld (außer vielleicht im Rahmen der Verwaltungspauschale nach Ziffer 01430 EBM2000, entsprechend 30 Punkten, entsprechend 1 €).

Im Gegenteil: Selbst bei gängiger Therapie mit gängigen Medikamenten läuft ein Psychiater Gefahr, für das "Medikamente verschreiben" von der Kasse zur Kasse gebeten zu werden.

Neuordnung der ambulanten psychiatrischen Krankenpflege

Zum 1.7.2005 tritt die Neufassung der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von "häuslicher Krankenpflege" nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Abs. 7 SGB V in Kraft. Diese regeln die Verordnung häuslicher Krankenpflege, ihre Dauer und die Genehmigung durch die Krankenkassen sowie die Zusammenarbeit der Vertragsärzte mit den die häusliche Krankenpflege durchführenden ambulanten Pflegediensten und den Krankenhäusern.

Die erste Fassung der Richtlinien für häusliche Krankenpflege gemäß Beschluss vom 25.10.1999 enthielt keine Regelung für die häusliche Krankenpflege von psychisch kranken Menschen (psychiatrische Krankenpflege).

Die Auswertung internationaler und deutscher Studien erbrachte Teilinformationen, die in der Richtlinie berücksichtigt werden sollten. Als wesentliche Aussage kann festgehalten werden, dass Evidenzen bzw. übereinstimmende Informationen aus den Studien zu höherem Zeitaufwand für die Pflege psychisch Kranker als für die Pflege rein somatisch Kranker zu entnehmen sind. Das ist aber nach übereinstimmender Auffassung des Unterausschusses "Häusliche Krankenpflege" eine vergütungspolitische und keine ordnungsrechtliche Feststellung.

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Verordnung ambulanter psychiatrischer Krankenpflege

Bei der Behandlung seelischer Erkrankungen ist die ambulante psychiatrische Krankenpflege (APK) in vielen Fällen unverzichtbarer Bestandteil eines Gesamtbehandlungsplanes.

Verordnung und Durchführung von APK haben sich seit 1999 für alle Beteiligten zunehmend kompliziert gestaltet, weil

  • Inhalte und Ziele der APK nur unzureichend bekannt sind,
  • keine verbindlichen Richtlinien existieren,
  • Patienten und Angehörige nur unzureichend über Verfahrensabläufe informiert sind,
  • Streitfälle letztlich nur vor Gericht geklärt werden können (es wäre eine politische Aufgabe, den rechtsfreien Raum zu beseitigen),
  • chronisch psychisch Erkrankte, im Vergleich zu chronischen körperlich Erkrankten, schlechter gestellt sind.
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